Voyager am Ende unseres Sonnensystems

Pasadena 35 Jahre nach ihrem Start ist die US-Raumsonde Voyager 1 kurz davor, das Ende unseres Sonnensystems zu erreichen. So dachten die Wissenschaftler zumindest bisher, da die Detektoren der Sonde eine stetige Verlangsamung des Sonnenwinds anzeigten. Neue Daten zeigen aber ein anderes Bild: Der Rand des Sonnensystems scheint keineswegs so nahe wie vermutet – und die physikalische Beschreibung des Grenzbereichs muss wohl korrigiert werden.

Unsere Sonne bläst ständig einen Strom elektrisch geladener Teilchen ins Weltall. Dieser Sonnenwind formt eine gewaltige Blase – die Heliosphäre – im interstellaren Medium, also im Gas zwischen den Sternen. An der Außengrenze dieser Blase endet der Einflussbereich der Sonne endgültig. Dieser Grenze vorgelagert ist eine Zone, in welcher der Sonnenwind bereits den Einfluss des interstellaren Mediums spürt und langsam abgebremst wird. Diese Abbremsung hat Voyager seit April 2010 gemessen. Computersimulationen dieses Gebiets zeigen jedoch nicht nur eine Verlangsamung des Sonnenwinds, sondern auch eine Ablenkung in eine seitliche Bewegung. US-Forscher versuchen seit 2011, diese seitliche Strömung nachzuweisen – ohne Erfolg, obwohl sie die Sonde auch gedreht haben, so schreiben sie in der Fachzeitschrift "Nature". "Wir schließen aus den Daten, dass Voyager 1 sich gegenwärtig nicht nahe dem Ende der Heliosphäre befindet", berichtet Robert Decker von der Johns Hopkins University, "jedenfalls nicht in der Form, in der wir sie uns bislang vorstellen." Alle Theorien, die eine Ablenkung des Sonnenwinds vorhersagen, müssten überarbeitet werden – möglicherweise sei eine neue theoretische Beschreibung der Wechselwirkung des Sonnenwinds mit dem interstellaren Medium nötig.

Voyager 1 ist inzwischen das am weitesten von der Erde entfernte, von Menschenhand erschaffene Objekt. Nach dem Start am 5. September 1977 hat die Raumsonde 1979 und 1980 ihre eigentlichen Ziele, die Planeten Jupiter und Saturn besucht. Etwa bis in das Jahr 2025 hinein erhoffen sich die Forscher noch Messdaten. Dann wird Voyager unser Sonnensystem schon endgültig verlassen haben. Erstmalig haben die Astronomen dann die Chance, das Gas zwischen den Sternen, die dort herrschende Strahlung und das interstellare Magnetfeld vor Ort zu messen.

Der weitere Kurs führt die Sonde in 40 000 Jahren an dem Stern AC+79 3888 im Sternbild Giraffe vorbei, in 296 000 Jahren am Sirius, dem hellsten Stern des Nordhimmels. Die Geräte von Voyager haben dann ihren Betrieb eingestellt, aber für mögliche Bewohner von Planeten hat das Raumfahrzeug eine Botschaft an Bord: eine vergoldete Kupferplatte mit Bild- und Tondokumenten über die Menschheit.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort