Was beim Gewitter in den Wolken passiert Tropfen werden zu "Jets"

Düsseldorf (rpo). Ein Gewitter setzt enorme Mengen an Energie frei. Physiker der Technischen Universität Ilmenau haben erstmals mit einem Spezialmikroskop direkt beobachtet, was bei einem Gewitter in den Wolken auf mikroskopischer Ebene geschieht. Das Resultat bestätigt die mehr als 100 Jahre alten Theorien des englischen Wissenschaftlers Lord Rayleigh.

In ihrem Experiment setzten die Ilmenauer Physiker winzige Flüssigkeitstropfen unter elektrische Spannung. Wie die Wissenschaftler im Wissenschaftsjournal "Nature" berichten, werden Tropfen unter Strom keineswegs einfach zerfetzt oder verdampft. Hingegen verformen sie sich zu einer Ellipse, an deren beiden Polen sich Strahlen ("Jets") aus etwa 100 Mini-Tröpfchen bilden. Mit ihren Beobachtungen bestätigen die Forscher die 1882 aufgestellte Theorie des Naturforschers und Strömungsexperten Lord Rayleigh, nach der Tropfen im elektrischen Feld "Jets" bilden.

Um geladene Tropfen zu produzieren, verwendeten die Umweltphysiker um Prof. Thomas Leisner in ihren Experimenten Ethylenglykol - eine Flüssigkeit, die sich vergleichsweise einfach handhaben lässt. Mit Hilfe einer besonderen Düse erzeugten sie geladene Tropfen, die sie mit einer Blitzlampe belichteten. Im Mikroskop zeigte sich, dass die Flüssigkeit mit steigender Spannung zunächst von der Kugelform in eine elliptische Gestalt wechselt. Nimmt die Energie weiter zu, bilden sich an beiden Enden der Ellipse die Tröpfchen-Jets.

"Möglicherweise trägt dieser Mechanismus zur Bildung von Kondensationskernen in der Atmosphäre bei", sagt Thomas Leisner. Demnach würden aus winzigen Jet-Tröpfchen große Tropfen wachsen. Erstaunlich ist, dass das Jet-Prinzip bereits seit längerer Zeit technische Verwendung findet, obwohl es bisher noch nie beobachtet wurde. Auf ihm beruht etwa die Elektrospray-Ionisation, ein Verfahren, bei dem große Biomoleküle aus chemischen Lösungen gewonnen werden, indem die Flüssigkeit durch wiederholte Jetbildung gewissermaßen in ihre Bestandteile zerlegt wird.

Derzeit rätselt Leisner, ob er tatsächlich der erste Mensch sei, der das Tröpfchen-Phänomen beobachtet hat: "Nach Rayleighs Berechnungen müssten Tropfen unter Stromspannung im Grunde in zwei Teile zerreißen, dennoch sagte er die Jets voraus". Vielleicht, glaubt Leisner, war es dem alten Lord oder einem seiner Mitarbeiter tatsächlich bereits damals gelungen, die Jets zu beobachten: Immerhin war die Untersuchung elektrischer Phänomene seinerzeit gerade besonders en vogue.

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