Essen Theater in Essen wie ein Drogenrausch

Essen · Die belgischen Performer spielen in "Mush-Room" mit Assoziationen zum Thema Pilz. Bildreich, aber rätselhaft.

Mit stolz geschwellter Brust rennen sieben Performer auf die Bühne von Pact Zollverein: "Wir sind die Pilze", behaupten sie zu Beginn von "Mush-Room". Sie streuen ihre Energie ziellos in alle Richtungen wie Pilze ihre Sporen. Sie toben durch den Raum, springen, schreien, kämpfen. Wofür oder wogegen, wird nicht klar. Doch an Klarheit ist auch niemand interessiert. Grace Ellen Barkey, die zusammen mit Jan Lauwers das belgische Performancekollektiv Needcompany leitet, arbeitet assoziativ.

Barkey hat für "Mush-Room" das Pilz-Motiv abgeklopft: Pilze als ungeschlechtliche Wesen zwischen Pflanzen- und Tierwelt, als Lebensspender und tödliches Gift, als Unterwanderer, Parasit und Droge. Alles wird – nicht immer sinnfällig – umgesetzt in Bewegung und Text. Die Dramaturgie des Abends folgt der eines Drogentrips. Es gibt keinen klaren Aufbau, es gibt Brüche, wahnhafte Passagen und immer wieder starke Bilder: Wenn die Pilze machtbewusst erklären, dass ihre Sporen überall sind und einen menschlichen Angreifer niederstrecken, dann stehen sie auf einmal da wie ein zur Spaß-Guerilla verkommener Trupp islamistischer Terroristen. Eine Augenweide ist das Bühnenbild: Ein Wald aus Pilz-Schwämmen an Seilen, den die Darsteller zum Schwingen bringen. Großartig auch der Soundtrack, den die US-Band The Residents extra für den Abend komponiert hat. Mit elektronischen Mitteln entwickeln die bis heute anonym gebliebenen Mitglieder den Prog- oder Artrock der 70er Jahre weiter, als für viele Musiker ein LSD-Rausch zum kreativen Prozess gehörte. Großer Jubel am Ende zeigt: Man kann die Needcompany lieben. Doch viele Zuschauer bleiben auch ratlos zurück.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort