Essen Text statt Tanz: Besucher verlassen verärgert die Ruhrtriennale

Essen · Ein Tanzabend ohne Tanz, eine Performance ohne Performer? Schon der Ansatz ist eine Provokation. Stattdessen stehen auf der Bühne vier Kästen mit Laufschrift, zwei in Englisch, zwei in Deutsch, überall der gleiche Text. Der Zuschauer muss 50 Minuten lang lesen. So mancher hatte dazu keine Lust und verließ frühzeitig diese Veranstaltung der Ruhrtriennale.

Unter dem Titel "El Trifuno de La Libertad" ("Der Triumph der Freiheit") stellte das spanische Künstlertrio La Ribot, Juan Domínguez und Juan Loriente sein neues Werk nun in PACT Zollverein vor. Die bildende Künstlerin und Choreografin La Ribot aus Madrid war bereits vergangenes Jahr zu Gast bei der Ruhrtriennale mit "Laughing Hole". Ihre neue Produktion wurde nun als "genreübergreifendes Performanceerlebnis" angekündigt. Dabei wollen die drei Künstler wohl eher jegliche Erwartungshaltung durchkreuzen und bieten den Zuschauern eine Lesung ohne gesprochene Worte - was seinen Reiz haben könnte, wenn der Text qualitativ standhielte. Das Skript ist allerdings so banal, dass es wieder sämtlichen Vorstellungen widerspricht. Der Zuschauer wird doppelt enttäuscht. Dass so mancher bei Ticketpreisen von 20 bis 30 Euro nicht erfreut reagierte, kann man verstehen.

Am Anfang berichtet ein nicht näher bestimmtes Ich von der Welt, die es gesehen hat, von Liebe und Sehnsucht, Leid und Tod. Von Voltaire über den Sturm auf die Bastille geht es ins Madrid des Jahres 1975. Dann wird es banal: Erzählt wird eine Geschichte von dem frisch verheirateten Paar Agueda und Paco, das sich einen Traum erfüllt und zur Hochzeitsreise in die Karibik fliegt. In der Manier eines Schulaufsatzes reihen sich die öden Ereignisse dieses Cluburlaubs aneinander. Der Höhepunkt der Reise wird ein Abend in der Diskothek mit Alleinunterhalter Nelson, der mit seinem Penis Walnüsse knackt. Später, nach 50 Jahren, so geht die Geschichte weiter, kehrt das Paar in den Club zurück, und siehe da: Nelson ist immer noch im Einsatz, knackt nun aber Kokosnüsse, weil er die Walnüsse nicht mehr so gut sehen kann. Ein Kalauer als Pointe. Dazwischen sind zeitkritische Ansätze (Israel-Palästina-Konflikt, Pessoa, Blicke in die Zukunft des Wetters) eingestreut, so assoziativ wie rätselhaft.

Irgendwann geht das Licht wieder an, die Zuschauer blicken auf die leere Bühne. Die Choreografin und ihre Mitstreiter lassen sich nicht blicken. Man weiß nicht, ob und wem man applaudieren oder böse sein soll, einige buhen, auch das klingt eher müde. Der Triumph der Freiheit liegt wohl darin, nun wieder nach Hause gehen zu dürfen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort