Greifswalder entwickeln "Bakterien-Kraftwerk" Strom aus Klärschlamm

Greifswald (rpo). Strom aus Klärschlamm zu gewinnen, war bis zu diesem Zeitpunkt nur über den Umweg der Vergasung möglich. Ein Chemikerteam der Universität Greifswald behauptet nun, dass in spätestens zehn Jahren die Milliarden von Bakterien, die sich in Klärschlamm, Kompost-oder Abfallhaufen tummeln, selbst Strom liefern können.

Greifswald (rpo). Strom aus Klärschlamm zu gewinnen, war bis zu diesem Zeitpunkt nur über den Umweg der Vergasung möglich. Ein Chemikerteam der Universität Greifswald behauptet nun, dass in spätestens zehn Jahren die Milliarden von Bakterien, die sich in Klärschlamm, Kompost-oder Abfallhaufen tummeln, selbst Strom liefern können.

Laut der Internetseite energieportal24.de haben in Laborversuchen die ersten dieser "Bakterien-Kraftwerke" mit 1,5 Milliampere pro Quadratzentimeter die weltweit höchsten Stromdichten produziert, die jemals mit einer mikrobiellen Brennstoffzelle gewonnen wurden. Die Seite beruft sich hierbei auf den Leiter des Greifswalder Projektes, Uwe Schröder. Sie liegen damit um ein Dreifaches höher als die Stromdichten anderer mikrobieller Brennstoffzellen.

Es ist schon länger bekannt, dass sich aus Bakterien winzige Strommengen gewinnen lassen. Bestimmte Bakterienarten scheiden durch die "Verstoffwechslung" von Zucker Wasserstoff aus, erklärt Schröder. Dabei erzeugten sie einen Elektronenfluss, der messbar, aber wegen seiner geringen Stärke bisher kaum nutzbar gewesen sei. Außerdem machten die nimmersatten Mikroben - vor allem ihre Ausscheidungsprodukte - den Platinelektroden zu schaffen.

Kleiner Trick, große Wirkung

Deshalb haben Uwe Schröder und seine Kolleginnen Juliane Niessen und Miriam Rosenbaum die Elektroden mit Polyanilin beschichtet. Der Kunststoff ist "besonders leitfähig und wirkt wie ein Schutzmantel", wird der Projektleiter bei energieportail24.de zitiert. Der Wasserstoff wandere durch das Polyanilin zur Platinanode, während die störenden Stoffwechselprodukte an der Membran scheiterten. Der Stromfluss konnte durch diesen kleinen Trick um ein zehnfaches gesteigert werden, so der Forscher. Es konnten Ströme erzeugt werden, mit denen sich zum Beispiel ein Ventilator betreiben ließe.

Man arbeite bei dieser Versuchsreihe vor allem mit Escherichia coli-Bakterien vom Stamm K 12. Grundsätzlich kommt als mikrobielle Brennstoffzelle aber jede Art von Bakterie in Frage. "Hauptsache sie scheidet Wasserstoff aus", erklärt der Projektleiter.

Zurzeit füttern die Forscher die Bakterien mit einer künstlichen Kohlehydratlösung. Aus 200 Gramm Bakterienlösung und zwei Gramm Glukose lassen sich inzwischen zwei Stunden Strom gewinnen, erklärt Schröder. In einem nächsten Scritt will das Forscherteam den Mikroben zuckerhaltige Naturprodukte wie Kartoffeln und Abfälle zu fressen geben. Den ersten Klärschlamm in einer Kläranlage haben die Mikroben bereits hinter sich. "Die Ergebnisse geben Grund für Optimismus", verrät Schröder.

Das Projekt der drei Forscher wird vom US-Office of Naval Research gefördert. Dass man mit mikrobiellen Brennstoffzellen kein Fahrzeug betreiben kann, da sind sie sich einig. Dennoch sei der Einsatz in Kläranlagen sinnvoll, um Strom zu gewinnen. Ein Biomasseverwertungsunternehmen aus dem Ruhrgebiet interessiere sich sich bereits für das Projekt. In den kommenden Jahren will das Team vor allem die technologische Schiene ausbauen.

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