„Viola Walk Home“ Neues Service-Angebot möchte Heimweg für Frauen weltweit sicherer machen

Düsseldorf · Für Frauen kann es gefährlich werden, abends alleine nach Hause zu gehen. Bei diesem Problem setzt das italienische Start-Up „Viola Walk Home“ an, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, Frauen weltweit mithilfe von Standortabfrage und Video-Begleitung jederzeit sicher heim zu bringen.

 Nachts alleine nach Hause zu gehen, ist für viele Frauen mit Angst verbunden. Ein Instagram-Service soll jetzt Abhilfe schaffen.

Nachts alleine nach Hause zu gehen, ist für viele Frauen mit Angst verbunden. Ein Instagram-Service soll jetzt Abhilfe schaffen.

Foto: Getty Images/iStockphoto/AlexLinch

Der Mordfall der 33-jährigen Sarah Everard in Großbritannien erregte weltweit Aufsehen. Denn die junge Frau wurde auf ihrem Heimweg im März 2021 vergewaltigt und ermordet. In der Nacht zum 26. Juni 2022 wurde die 35-jährige Jura-Studentin Zara Aleena wenige Meter vor ihrer Haustür auf dem Nachhauseweg in London ermordet. Zwei Fälle, jedoch keine Einzelfälle, die eine Angst real werden lassen, die in vielen Frauen schlummert. Und die immer dann hochkocht, wenn sich der Heimweg zu später Stunde nicht vermeiden lässt.

Genau dort setzt das soziale Start-up „Viola Walk Home“ aus Italien an. Es ist ein kostenloses Service-Angebot über das soziale Netzwerk Instagram, das Frauen weltweit einen sicheren Heimweg ermöglichen möchte, in dem sie sich von freiwilligen Helfern via Video-Call nach Hause begleiten lassen können. Hervorgegangen ist es aus dem italienischen Projekt „DonneXStrada“, das im Jahre 2021 von Laura De Dilectis, heute CEO von „Viola Walk Home“, gestartet wurde.

„Hinter Instagram steht ein sozialer Gedanke, es verbindet Menschen aus aller Welt und jeden Alters miteinander“, erklärt Laura De Dilectis ihren Beschluss, den Begleitservice via Social Media anzubieten. Es sei eine tolle Plattform, um auf Themen wie geschlechterspezifische Gewalt aufmerksam zu machen. Doch ihr hätte es in den Debatten häufig an Pragmatismus gemangelt: „Statt über Polizei und Institutionen zu klagen, wollte ich lieber selbst etwas verändern.“ Und das Angebot kam an, binnen kürzester Zeit hatte die Seite mehrere Tausend Follower. So entwickelte sich die Idee, den Service auszuweiten und ihn mit „Viola Walk Home“ auch außerhalb von Italien zu ermöglichen.

Das Angebot von „Viola Walk Home“ funktioniert so, dass Frauen per Instagram-Direkt-Nachricht ihre gesprochene Sprache, ihren Ort und die Zeitzone, ihre geplante Route sowie das Datum und die Zeit des geplanten Heimwegs rüberschicken. Dann bekommen sie zwei der speziell ausgebildeten, freiwilligen Helfer zugeteilt, einer davon begleitet sie per Video-Anruf nach Hause, spricht mit ihnen, nimmt ihnen die Angst. Der andere Helfer nimmt auch am Gespräch teil, um im Ernstfall unmittelbar die ortsansässige Polizei einzuschalten und den Standort der Frau mitzuteilen. Zudem besteht die Möglichkeit, die Video-Calls aufzuzeichnen und sie als Beweismittel zu verwenden. „Das ist schon eine super Präventionsmaßnahme, denn durch die Zeugen beim Video-Call und die Mitschnitte steigen bei potenziellen Tätern die Hemmungen, anzugreifen.“

Melden muss man sich bei dem Service mindestens eine Stunde, bevor der Heimweg angetreten werden soll. Denn das Projekt „Viola Walk Home“ ist stets bemüht, einen Helfer zu koordinieren, der die Sprache der zu begleitenden Frau spricht. Angeboten werden aktuell die Sprachen Englisch, Französisch, Spanisch, Arabisch, Portugiesisch, Niederländisch, Deutsch, Polnisch, Bulgarisch, Türkisch, Griechisch, Bosnisch, Serbisch, Kroatisch, Urdu und Hindi. Doch das Projekt befindet sich noch im Aufbau und es werden weiterhin Ehrenamtliche gesucht, die sich als Telefonbegleiter ausbilden lassen möchten.

Deutschsprachige Voluntäre seien bereits viele vorhanden, neben Italien würde das Angebot vor allem von Frauen aus Deutschland und der Schweiz beansprucht. Doch seinen kompletten Service kann „Viola Walk Home“ hierzulande noch nicht anbieten, Hintergrund dessen sind Rechtsfragen. „In Italien haben wir eineinhalb Jahre Vorsprung, hier konnten wir bereits alle Genehmigungen für unser Projekt einholen, in Deutschland haben wir gerade noch viel mit dem Thema Datenschutz zu tun.“ Um einen Video-Anruf aufzuzeichnen, selbst wenn beide Parteien zustimmen, braucht es hierzulande eine gesonderte Genehmigung. Außerdem arbeitet das Team von „Viola Walk Home“ gerade daran, dass sie für die betroffenen Frauen im Ernstfall die Polizei anrufen dürfen - auch dem muss über Rechtswege zugestimmt werden. Doch es funktioniert vorerst auch ohne: „Unsere zwei wichtigsten Säulen bleiben die Einschüchterung potenzieller Täter und die Prävention von Übergriffen“, erinnert De Dilectis. Dafür hätten sich die Video-Anrufe bewährt, in Italien sei bei 1000 Video-Anrufen bislang kein einziger Überfall passiert. Anfang 2023 möchten die drei Geschäftsführerinnen Laura De Dilectis, Ilaria Saliva und Georgia Davison ihren Instagram-Service in eine App überführen.

Speziell für Deutschland gibt es im Übrigen bereits seit 2013 das sogenannte „Heimwegtelefon.“ Der Service bietet deutschlandweit unter der Nummer 030/12074182 die Möglichkeit, sich ohne Voranmeldung telefonisch nach Hause begleiten zu lassen. Die Standortdaten werden dem ehrenamtlichen Telefonpartner dabei ebenfalls regelmäßig mitgeteilt. Bei dem Service lässt sich von Sonntag bis Donnerstag zwischen 20 und 24 Uhr jemand erreichen, Freitag und Samstag ist das Telefon von 20 bis 3 Uhr nachts besetzt.

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