Deutscher Forscher findet Tonscherbe mit Keilschrift Sensation: Spuren vom Keilschrift-Archiv Ramses II. entdeckt

Kairo (rpo). Einem Grabungsteam unter der Leitung von Edgar Pusch ist in Ägypten ein Sensationsfund gelungen: Sie haben eine Tonscherbe mit einer Keilschrift gefunden. An sich nichts Ungewöhnliches, doch die Scheibe ist mehr als 3200 Jahre alt und gehört zum Archiv des legendären Pharaos Ramses II.

<P>Kairo (rpo). Einem Grabungsteam unter der Leitung von Edgar Pusch ist in Ägypten ein Sensationsfund gelungen: Sie haben eine Tonscherbe mit einer Keilschrift gefunden. An sich nichts Ungewöhnliches, doch die Scheibe ist mehr als 3200 Jahre alt und gehört zum Archiv des legendären Pharaos Ramses II.

Seit 25 Jahren sucht der deutsche Archäologe Edgar Pusch im Nilschlamm Unterägyptens nach dem legendären Keilschriftarchiv von Pharao Ramses II. Jetzt wurde seine Geduld belohnt: 15 Zentimeter unter der Oberfläche fand sein Grabungsteam ein fünf mal fünf Zentimeter großes Stück einer Keilschrifttafel. Das mehr als 3200 Jahre alte Fragment könnte die archäologische Welt verändern. Es ist der erste Keilschriftfund in Ägypten seit 1888/89 und zugleich der erste Keilschriftfund in Ägypten aus der Periode der Herrschaft von Pharao Ramses II. (1290 bis 1224 v.Chr.).

Der Ägyptologe Pusch ist euphorisch: "Die fünf mal fünf Zentimeter verändern die Welt, weil sie der Zipfel eines Archivs sind; nicht eines Archivs mit Büchern, sondern einer diplomatischen Korrespondenz aus der Zeit um 1200 v.Chr. zwischen den beiden Großmächten Ägypten und den Hethitern." Puschs Vergleich: "Das wäre etwa so, als ob jemand in dreitausend Jahren die Korrespondenz zwischen John F. Kennedy und Nikita Chruschtschow aus den Zeiten des Eisernen Vorhangs finden würde. Die beiden Großmächte der Hethiter und Ägypter waren damals ähnlich verfeindet wie Russen und Amerikaner."

Wie immer hatte das Hildesheimer Grabungsteam um 7.00 Uhr mit der Arbeit in der früheren Ramses-Hauptstadt Pi-Ramesse, dem heutigen Kantir, begonnen. "Das winzige Stück lag mit dem Gesicht nach unten. Als ich das Fragment in der Hand hielt, weigerte sich mein Verstand, das zu erfassen. Ich habe das nicht geglaubt. Es hat mich drei Tage gekostet, das zu begreifen", sagt der 56-Jährige.

Elf Zeilen in babylonischer Schrift

Auf dem Täfelchen, dessen Satzbeginn und -ende fehlen, stehen elf Zeilen in babylonischer Keilschrift. Das war die damalige offizielle Sprache bei Korrespondenzen zwischen den Königshöfen. Acht Zeilen sind gut erhalten. Elektrisierende Schlüsselwörter wie König oder Herrscher der beiden Ländern oder das Ende des Namens von Ramses weisen klar in Richtung des berühmten Pharaos. Witzigerweise, sagt der Ägyptologe Pusch, ende eine der Zeilen auf "i-pusch", was so viel wie "er machte" bedeutet.

Der Kontext der Tafel deutet nach den Worten von Pusch auf den Friedensvertrag zwischen Ramses II. und dem Hethiterkönig Hattusili III. hin. Dies ist der erste bekannte Friedensvertrag. Die Herrscher beider Reiche, die vom Schwarzen Meer bis in den Sudan reichten, versprachen sich damals wechselseitigen Beistand und die Auslieferung von politischen Flüchtlingen bei Zusicherung von Straffreiheit. In einem Passus erklärte Ramses, dass er dem Sohn des einstmals verfeindeten Königs Hattusili nach dessen Tod auf den Thron verhelfen werde. Darauf deuten nach den Worten des speziell aus Heidelberg eingeflogenen Assyrologen Stefan Jakob die Zeilen fünf und sechs des Fragmentes hin.

Archiv gilt als Phantom

Bis heute gilt das Keilschriftarchiv von Ramses II. als Phantom. Viele Experten glaubten, dass es entweder beim Umzug nach Memphis mitgenommen wurde oder im Nilschlamm der Jahrtausende verwitterte. "Ein Fragment macht noch kein Archiv", sagt Pusch. "Aber die Wahrscheinlichkeit, dass man noch mehr findet, ist gestiegen. Die Hoffnung, das Archiv zu finden, hat wieder eine gewisse Berechtigung."

Bislang sind nur Teile zweier Keilschriftarchive aufgetaucht. Das eine umfasst die diplomatische Korrespondenz der Pharaonen Amenophis III, Echnaton und Tut-ench-Amun aus dem 14. Jahrhundert v.Chr. Im türkischen Hattusas-Boghasköy fanden sich Schriftwechsel mit dem Königshof von Ramses II.. Pusch hat jetzt die große Hoffnung, mit Hilfe der finanziellen Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (Bonn) und Sponsoren "Gegenstücke des Archivs aus Boghasköy zu finden, die sich wechselseitig ergänzen, so dass man mehr über das Leben und die diplomatischen Gepflogenheiten zur damaligen Zeit erfährt."

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