Was die Welt bewegt Seit wann putzen sich die Menschen die Zähne?

Düsseldorf (RP). Seit wann gibt es eigentlich die Zahnbürste? Kaum zu glauben, aber wahr: In frühen Schriften aus Mesopotamien finden sich Hinweise auf ein pinselartig aufgefächertes Stäbchen aus dem Holz des Arak-Baumes, auch Zahnbürstenbaum genannt. Dessen Bestandteile wurden bereits vor mehr als 5000 Jahren für die Zahnpflege genutzt.

Und zwar bis heute: Knospen, Wurzeln und Zweige werden abgeschnitten und anschließend solange gekaut, bis ein Ende so ausgefranst ist, dass es an eine Bürste erinnert. Diese "natürliche" Zahnbürste, Siwak genannt, ist nicht nur in arabischen Ländern weit verbreitet.

Im Jahr 1498 wird in China erstmals eine - ebenfalls pinselförmige - Zahnbürste erwähnt, bei der Borsten von sibirischen Wildschweinen verwendet wurden, befestigt an einem Griff aus Bambusholz. Später brachten Kaufleute diese Erfindung nach Europa, jedoch empfanden die Abendländler Wildschweinborsten als zu hart. Sie entschieden sich für Rosshaar - oder blieben weiterhin ihren Zahnstochern treu, hergestellt aus Federkielen, Stacheln vom Stachelschwein oder sogar aus Metall.

Urin statt Zahnbürste?

Alles in allem zeigten sich die Europäer lange als Zahnputzmuffel. Die Zahnhygiene beschränkte sich zu dieser Zeit hauptsächlich auf das Ziehen kranker Zähne. Der Begründer der wissenschaftlichen Zahnheilkunde, der französische Arzt Pierre Fauchard, schrieb in seinem zweibändigen Lehrbuch "Le chirurgien dentiste" von 1728: Zur Karieshemmung soll der Mund morgens und abends mit einigen Löffeln frisch gelassenen Urins gespült werden.

Gleichzeitig warnte er, ebenso wie der Hofzahnarzt Friedrich des Großen, Philip Pfaff (1756), vor dem häufigen Gebrauch der Zahnbürste, weil dabei Zähne und Zahnfleisch ruiniert würden. Pfaff hielt zwar die Reinigung mit der Zahnbürste für notwendig - aber nur einmal alle 14 Tage.

Die "moderne" Zahnbürste datiert aus dem Jahr 1780. Der Engländer William Addis gründete die erste Firma, die Zahnbürsten professionell herstellte: Die Haare eines Kuhschwanzes wurden in die Löcher durchbohrter Knochenstücke gezogen. Das machte Sinn. Im Gegensatz zu anderen Haltevorrichtungen blieben die Knochen hart, wenn sie nass wurden. Solche Griffe wurden bis zur Erfindung des Zelluloids verwendet. Nur die Borsten änderten sich: Sie bestanden schon bald aus parallel angeordnetem, verknotetem Rosshaar, das auf die richtige Länge geschnitten wurde.

Als Luxusgegenstand war die Zahnbürste noch immer den Reichen vorbehalten. Erschwinglich wurden die Geräte erst, nachdem der amerikanische Chemiker Wallace Hume Carothers 1935 das Nylon erfunden hatte, was die billige Massenherstellung von Zahnbürsten drei Jahre später ermöglichte. Wenn auch die ersten Nylonborsten rau und hart waren: Sie erwiesen sich hygienischer als Naturhaar-Borsten, in denen sich bis dato schädliche Bakterienkulturen tummeln konnten.

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