Düsseldorf Meisners Entscheidung macht Bischöfe sprachlos

Düsseldorf · Der Kölner Kardinal versicherte sich der Rückendeckung Roms, nicht jedoch seiner deutschen Amtsbrüder.

Der Erzbischof von Köln, Joachim Kardinal Meisner, hat mit seinem überraschenden Vorstoß zum Einsatz der "Pille danach" im Anschluss an ein Sexualverbrechen seine 26 deutschen Amtsbrüder an der Spitze der anderen (Erz-) Diözesen in Verwirrung und Sprachlosigkeit gestürzt.

Meisner, der seit vielen Jahren exzellente Verbindungen in den Vatikan pflegt, hat sich vor seinem Vorstoß zwar Rückendeckung aus Rom geholt, das Vorgehen aber nicht mit der katholischen Deutschen Bischofskonferenz abgestimmt. Eine Agenturmeldung, wonach Meisner die anderen deutschen Bischöfe "einbezogen" habe, wurde von dem Sprecher der Erzbistums Kölns dementiert. Der Kardinal habe lediglich unmittelbar vor Publikmachung seiner Entscheidung Erläuterungen seines Vorhabens verschicken lassen.

In der Bischofskonferenz reagierte man reserviert auf Meisners nicht abgestimmtes Ja zur Einnahme der "Pille danach" für eine Frau in Not. Vermutlich soll nun versucht werden, bei der in Kürze in Trier tagenden Frühjahrsvollversammlung unter allen Diözesan- und Weihbischöfen Einvernehmen zur "Pille danach" herzustellen. Dies Einvernehmen in Meisners Sinn wünscht sich das Katholische Büro NRW in den fünf Bistümern des Landes. Auffallend ist, dass Meisner, der sich bereits für die Abweisung einer offenbar vergewaltigten Frau durch zwei katholische Kölner Kliniken entschuldigt hatte, weder den Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch (Freiburg), noch den Vorsitzenden der Glaubenskommission der Bischofskonferenz, Karl Kardinal Lehmann (Mainz), ins Vertrauen gezogen hat. Allerdings, so war aus Freiburg und Mainz zu hören, befinden sich Zollitsch und Lehmann in Urlaub.

Auch unter katholischen Laien zeigte man sich gestern bei allem Verständnis in der Sache, um die es Meisner geht, verwundert über den Kölner Alleingang. Jemand fragte: "Heißt das nicht, dass man nun in der Not künstlich verhüten darf?" Seit der so legendäre wie streitbare Bischof von Fulda, Johannes Dyba (1983–2000), den Austritt seines Bistums aus der staatlichen Schwangeren-Konfliktberatung erklärt habe, habe es kein vergleichbares Solo eines Mitglieds der Bischofskonferenz mehr gegeben.

Meisner, der gestern wohl erstmals von der Frauenrechtlerin Alice Schwarzer gelobt wurde, hat seit seinem Aufsehen erregenden Vorstoß vorwiegend zustimmende Post erhalten. Eine Minderheit organisierter Abtreibungsgegner nimmt ihm seinen Schritt allerdings übel. Hierzu sagte der Sprecher Meisners, die Kritiker sollten bedenken, dass der Kardinal eine differenzierte ethische Bewertung vornehme für spezifische Ausnahmefälle, in denen es nicht um die nach katholischer Lehre gebotene Einheit von Liebesakt und Weitergabe von Leben gehe, sondern "gewissermaßen um eine verbrecherische Zeugung".

(RP)
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