Köln Meisner würdigt 1700 Jahre Erzbistum Köln

Köln · Der Kardinal erinnerte an Maternus, den ersten Bischof von Köln. Ministerpräsidentin Kraft hatte ihre Teilnahme am Festakt abgesagt.

Die Predigt dauerte etwas länger als im Kölner Dom üblich: Für jedes Jahrhundert, das zu feiern war, nahm sich Kardinal Joachim Meisner im Schnitt eine Minute. So spannte er im Geschwindschritt einen Bogen vom Apostel Paulus, der das Christentum über Ländergrenzen hinweg verbreitete, bis zum drohenden Verlust des Glaubens in der Gegenwart. Mit diesem Pontifikalamt und einem Festakt am Nachmittag – NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft hatte kurzfristig abgesagt – würdigte der Kardinal seinen Vorgänger Maternus, den ersten Kölner Bischof, dessen Name vor 1700 Jahren erstmals urkundlich erwähnt wurde. Zugleich galt die Würdigung all dessen Nachfolgern, die das heutige Erzbistum Köln zum größten Bistum des deutschsprachigen Raums wachsen ließen.

Zwar gilt unter Fachleuten als wahrscheinlich, dass bereits im zweiten Jahrhundert Christen in Köln lebten, doch sicher ist nur das Jahr 313 im Zusammenhang mit Maternus. Er nahm als Vertrauter des römischen Kaisers Konstantin I. an der Lateransynode 313 in Rom und 314 an der Synode in Arles teil. Das deutet darauf, dass er auch außerhalb der germanischen Grenzen etwas zu sagen hatte.

Nicht bei ihm allerdings ließ Kardinal Meisner sein 17-minütiges Geschichtspanorama beginnen, sondern bei demjenigen, der das Christentum von Asien nach Europa übergreifen ließ: dem Apostel Paulus. Paulus, so schilderte Meisner, wollte der Überlieferung zufolge das Christentum gar nicht nach Europa tragen, doch eine Vision habe seinen Blick nach Makedonien gelenkt. Die Ostmission abbrechen und in den Westen gehen – darin sah Paulus fortan seine Aufgabe. "Das bedeutete", so führte Meisner aus, "die höchste Auszeichnung unseres Erdteils Europa, damit aber auch eine hohe Verpflichtung." Dadurch sei Europa auserwählt worden, die christliche Botschaft aufzunehmen. Schon drei Jahrhunderte später habe Maternus den Auftrag bekommen, über die Alpen zu ziehen und dem Christentum neue Missionsstationen zu schaffen.

Was aber war das Eigentümliche dieser Religion? Meisner formulierte es so: "Menschliches und Göttliches sind im Christentum schon immer miteinander verbunden." Im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation galten sogar die Könige als heilig, was sich im Zusatz "von Gottes Gnaden" ausdrückte. Im "Dritten Reich" sei dieser Zusammenhalt durch die Parole "Ein Volk, ein Reich, ein Führer" missbraucht worden. Heute dagegen droht aus Meisners Sicht Gefahr von der anderen Seite: Göttliches und Menschliches drohten auseinanderzufallen; der Glaube, dass Christus Mensch und Gott zugleich sei, verflüchtige sich.

Meisner spitzte seine Bestandsaufnahme zu, indem er Kommunismus, Nationalsozialismus und Liberalismus in einem Atemzug nannte, um die Übel der Moderne zu brandmarken. Vermutlich meinte er mit "Liberalismus" vor allem Libertinage, aber – so ist zu vermuten – ein wenig auch die gute alte Aufklärung. Seine Diagnose lautet jedenfalls: Durch die drei Ismen kam den Menschen die Absicherung durch Gott abhanden. Auch heute bestehe die Gefahr, dass Gott im Alltag nicht mehr vorkomme. Die Kunde von der Einheit aus Menschlichem und Göttlichem zu verbreiten, das hätten sich seit Maternus die Kölner Bischöfe zum Ziel gesetzt.

Mit einer Feierstunde ging gestern Nachmittag die fünftägige Domwallfahrt zu Ende. Seit Mittwoch waren Pilger dem Weg im Dom zur Mailänder Madonna, zum Dreikönigsschrein und zum Gerokreuz gefolgt. An der Feierstunde nahmen neben Meisner weitere katholische Bischöfe – darunter der umstrittene Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz van-Elst –, der rheinische Präses Manfred Rekowski für die evangelische Kirche sowie Kölns Oberbürgermeister Jürgen Roters (SPD) teil.

In dem Festakt erinnerte der Historiker Professor Heinz Finger an die erste urkundliche Erwähnung des Bistums im Jahr 313. Eine Präsentation der Klosterruine Heisterbach veranschaulichte die Epoche der Säkularisation, Zeitzeugen erinnerten an den Zweiten Weltkrieg und die anschließende Aufbauzeit. Das Bistum, so hieß es, sei in dieser Zeit immer ein "Vorposten des Evangeliums" gewesen. Das müsse auch für die Zukunft gelten.

(RP)
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