Mannheim Mannheim feiert die Wittelsbacher am Rhein

Mannheim · Im Museum Zeughaus und im Barockschloss sind mehr als 600 Kunstwerke und Zeitzeugnisse wittelsbachischer Herrschaft zu sehen.

Anno 1214 wurde Ludwig der Kelheimer aus dem Hause Wittelsbach durch Kaiser Friedrich II. mit der Pfalzgrafschaft bei Rhein belehnt. Ihre Territorien erstreckten sich über Teile der heutigen Bundesländer Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Hessen. Im Museum Zeughaus und im Barockschloss Mannheim sind jetzt mehr als 600 hochrangige Kunstwerke und aussagekräftige Zeitzeugnisse aus fast 600 Jahren wittelsbachischer Herrschaftsgeschichte am Rhein ausgestellt.

Das Museum Zeughaus rückt die mittelalterlichen Triumphe und Katastrophen der Dynastie wie den von pfälzischen gegen bayerische Wittelsbacher ausgefochtenen Landshuter Erbfolgekrieg (1503–1505) ins Rampenlicht. Den Auftakt aber bilden zwei aus Kelheim stammende steinerne Löwen, die jeweils ein Wappenschild mit Rauten präsentieren. Löwen sowie weiße und blaue Rauten sind die Symbole der Wittelsbacher. Kelheim war ihre erste Residenz.

Das Haus Wittelsbach brachte zahlreiche schillernde Figuren hervor. Es stellte sogar einen Kaiser: Ludwig den Bayern. Zudem war er der letzte mittelalterliche Herrscher, der das Herzogtum Bayern und die Pfalzgrafschaft bei Rhein in Personalunion regierte. Im 1329 geschlossenen Hausvertrag von Pavia einigten sich Kaiser Ludwig der Bayer und die Nachkommen seines Bruders Rudolf auf die Teilung der Territorien. Nunmehr hatten die Wittelsbacher zwei Linien. Eine herrschte in der Pfalz, eine in Bayern. Im Hausvertrag von Pavia wurde festgelegt, dass der Herzog von Bayern und der Pfalzgraf bei Rhein die Kurstimme der Wittelsbacher bei der Königswahl abwechselnd führen sollen. Dieser Vereinbarung setzte Kaiser Karl IV. mit seiner "Goldenen Bulle" (1356) ein Ende, indem er eine der sieben Kurwürden dem Pfalzgrafen zusprach. Dass die Kurstimmen auch dazu benutzt werden konnten, einen König abzusetzen, bekam König Wenzel, der Sohn Kaiser Karls IV., zu spüren. Mit einer 1400 verfertigten Urkunde gaben die Kurfürsten von Mainz, Köln, Trier und Ruprecht von der Pfalz die Absetzung König Wenzels und die Wahl Ruprechts zum König bekannt. König Ruprecht sorgte für die Teilung seiner Territorien unter seinen vier Söhnen, wie der Pfälzer Teilungsvertrag (1410) ausweist. Die dadurch begründeten Linien haben das Überleben des Hauses Wittelsbach bis in die Gegenwart gesichert.

Neben wichtigen Urkunden wartet die Schau mit Bildnissen der Herrscher und ihrer Familien sowie exquisiter Buchmalerei auf. Dazu gehören die Illustrationen im Prager Exemplar (1464) der Konstanzer Konzilschronik Ulrich von Richentals. Das Konstanzer Konzil (1414-1418) beendete unter dem Protektorat König Sigismunds das "Große Abendländische Schisma", indem drei miteinander konkurrierende Päpste abgesetzt wurden und Papst Martin V. neu gewählt wurde. Ludwig III. von der Pfalz spielte als Stellvertreter König Sigismunds eine herausragende Rolle auf dem Konstanzer Konzil. Der Rundgang im Museum Zeughaus endet mit Objekten zum Landshuter Erbfolgekrieg (1503–1505).

Im Barockschloss wird die Schau mit Stücken aus der Neuzeit fortgesetzt. Das Schloss ließen die Wittelsbacher erbauen, nachdem sie 1720 ihre Residenz von Heidelberg nach Mannheim verlegt hatten. Phasen der Blüte wechselten mit Perioden von Krieg und Niedergang. Für letztere steht zum Beispiel der prunkvolle Böhmische Reichsapfel des "Winterkönigs" Friedrichs V. (1619). Der Herrscher der Kurpfalz hatte die Wahl zum König von Böhmen angenommen. Damit wurde er zum Mitauslöser des Dreißigjährigen Krieges.

Die Residenz Mannheim erlebte unter Carl Theodor von der Pfalz eine glanzvolle Zeit. Da abzusehen war, dass sowohl er als auch Maximilian III. Joseph von Bayern ohne legitime Nachkommen sterben würden, schlossen sie im Jahr 1766 einen Hausvertrag, in dem sie sich das gegenseitige Erbrecht aller ihrer Territorien zusicherten.

Der Erbfall trat 1777 ein, und Carl Theodor verlegte seine Residenz nach München. Auf ihn folgte 1799 Maximilian IV. Joseph von Pfalz-Zweibrücken, unter dem Bayern 1806 zum Königreich von Napoleons Gnaden erhoben wurde. Dafür aber ging die Kurpfalz unter.

Die linksrheinischen Gebiete fielen vorläufig an Frankreich, die rechtsrheinischen wurden mit dem Reichsdeputationshauptschluss von 1803 der Markgrafschaft Baden zugeschlagen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort