Steigender Konsum bereitet Experten Sorge Warum Lachgas keine harmlose Partydroge ist

Düsseldorf · Lachgas lässt sich problemlos in Online-Shops bestellen und in sozialen Netzwerken kursieren Videos mit Selbstversuchen: Lachgas ist als Partydroge auf dem Vormarsch. Experten beobachten dies mit Sorge, denn der Konsum birgt viele gesundheitliche Risiken.

 Die Niederlande verbieten den Besitz und Verkauf von Lachgas ab dem kommenden Jahr.

Die Niederlande verbieten den Besitz und Verkauf von Lachgas ab dem kommenden Jahr.

Foto: dpa/Annette Birschel

Der Begriff allein hört sich harmlos an: „Lachgas“ klingt nach Spaß. Dabei ist die vermeintlich harmlose Substanz durchaus ernst zu nehmen. Die Europäische Beobachtungsstelle für Drogen (EMCDDA) sieht Lachgas als Partydroge auf dem Vormarsch. Gründe dafür gibt es einige: Das Gas ist leicht verfügbar und relativ günstig. Außerdem löst es nur einen kurzen Rausch aus und wird von Nutzern als relativ ungefährlich eingeschätzt. Die EU-Behörde blickt laut einem Bericht im Ärzteblatt daher mit Sorge auf aktuelle Fallstudien, die auf einen steigenden Konsum vor allem bei jungen Menschen hinweisen. Die Niederlande haben nun reagiert: Sie haben Lachgas ab dem kommenden Jahr auf die Liste verbotener Rauschmittel gesetzt (die Ausnahme sind medizinische und technische Nutzungszwecke). Ein Überblick über wichtige Fakten.

Was ist Lachgas überhaupt?

Distickstoffmonoxid (N2O) lautet die chemische Bezeichnung für Lachgas. Es ist Bestandteil unserer Atmosphäre und unserer Atemluft. Das Stickoxid ist ein farb- und geruchloses Gas mit einem leicht süßlichen Geschmack. Es ist weder explosiv noch brennbar. Im 18. Jahrhundert entdeckte zunächst der Theologe und Chemiker Joseph Priestley das Stickoxid, seine medizinischen Eigenschaften prüfte der Chemiker Humphry Davy wenige Jahre später durch Selbstversuche.

Wo wird es eingesetzt?

Lachgas ist ein vielseitig nutzbares Gas. Bekannt wurde es vor allem durch seinen Einsatz als Inhalationsnarkotikum in der (Zahn)-Medizin. Aber auch im technischen Bereich kommt Lachgas zur Anwendung, etwa in der Antriebs- und Motorentechnik. Die Lebensmittelindustrie nutzt Lachgas zum Beispiel für das Aufschäumen bestimmter Lebensmittel (Sprühsahnekapseln) oder auch als Konservierungsmittel.

Lachgas ist außerdem ein ⁠Treibhausgas und nach Angabe des Umweltbundesamtes rund 300-mal so klimaschädlich wie Kohlendioxid (CO2). Quellen für Lachgas sind demnach etwa stickstoffhaltige Düngemittel in der Landwirtschaft und die Tierhaltung, Abläufe in der chemischen Industrie sowie Verbrennungsprozesse.

Wie wirkt es im Körper?

Lachgas wirkt auf das zentrale Nervensystem – und dies unmittelbar. Atmet man Lachgas ein, gelangt es über die Lungen direkt in den Blutkreislauf und von dort ins Gehirn. Dort blockiert das Gas spezielle Rezeptoren und beeinträchtigt so die Signalübertragung zwischen den Nervenzellen. Schon nach wenigen Sekunden treten erste Effekte auf. Je nach Konzentration hat Lachgas einen schmerzlindernden bis narkotisierenden Effekt. In niedriger Dosierung (ab einer Konzentration von 20 Prozent) wirkt es schmerzstillend, bei einem Anteil von etwa 50 bis 70 Prozent in der Atemluft setzt die betäubende Wirkung ein. Üblich ist im medizinischen Bereich ein N2O-Gehalt zwischen 30 und 50 Prozent. In dieser Konzentration macht das Gas den Patienten schläfrig und entspannt. Nach dem Absetzen lässt seine Wirkung bereits nach wenigen Minuten wieder nach.

Lachgas als Partydroge

Es ist problemlos im Internet verfügbar, günstig und gilt unter jungen Menschen als harmlos. Lachgas wird in der Partyszene immer beliebter. Meist wird das N2O auf Partys als Schnüffelstoff etwa durch einen Ballon eingeatmet. Dann „tritt nach wenigen Sekunden ein Rausch ein, bei dem schwache Halluzinationen, Wärme- und Glücksgefühle empfunden werden“, heißt es dazu bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Meist verfliegt die Wirkung nach wenigen Minuten.

Risiken und Nebenwirkungen

Der harmlose Name hat mit der Realität wenig zu tun: Vor allem in Kombination mit Alkohol oder anderen Drogen wie Cannabis kann den Konsumenten übel oder schwindlig werden, auch Stürze durch Taubheitsgefühle in Armen und Beinen kommen vor. Sehr hohe Lachgaskonzentrationen in der Atemluft führen zu Bewusstlosigkeit. Der Sauerstoffmangel kann das Gehirn massiv schädigen. Experten warnen davor, Lachgas direkt über eine Atemmaske oder aus einer über den Kopf gestülpten Tüte einzuatmen. Auch direkt aus einer Gaskapsel sollte man Lachgas nie inhalieren. Die Lippe kann daran festfrieren, Stimmbänder und Kehlkopf können durch die Kälte geschädigt werden.

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung warnt bei häufigem Einatmen von Lachgas vor Schäden der inneren Organe und des Nervensystems. So ist bekannt, das Lachgas die Struktur von Vitamin-B12 derart verändert, dass der Körper es nicht mehr zum Aufbau der isolierenden Nervenfaserhüllen nutzen kann. Andere Studien, beschrieben etwa auf der Seite drugcom.de, schildern schwere Koordinationsstörungen und Sehschwäche bei Langzeitkonsumenten. Auch Gedächtnisprobleme und eine Beeinträchtigung des Knochenmarkes und somit der Blutbildung sind Experten zufolge möglich. Ob Lachgas wie andere Drogen auch abhängig machen kann, darüber gehen die Expertenmeinungen auseinander.

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