Düsseldorf "Kuschelhormon" Oxytocin mindert Konkurrenzdruck unter Männern

Düsseldorf · Oxytocin zählt zu den bekanntesten Hormonen überhaupt. Es gilt als "Kuschelhormon", das nicht nur Mütter und ihre Kinder, sondern auch Sexualpartner zärtlich verbindet. Doch damit nicht genug. Laut einer aktuellen Studie schafft es auch Frieden unter Männern: Sie fühlen sich nämlich weniger voneinander bedroht.

Früher dachten Psychologen, dass Männer besonders dann austicken, wenn sie attraktive Frauen sehen. Aber sie tun es offenbar auch, wenn sie einen attraktiven Geschlechtsgenossen sehen, weil sie den mit allen Mitteln ausstechen wollen. Sie werden dann, wie mehrere Studien in den vergangenen Jahren belegen konnten, nicht nur aggressiver, auch ihre Risikobereitschaft nimmt dramatisch zu. In der Psychologie hat sich für dieses Verhalten der Begriff "Abercrombie-Effekt" etabliert, wegen der muskulösen Männer-Modells, die für dieses Label Werbung machen. Aber unter dem Einfluss des Hormons Oxytocin scheint er nicht mehr so stark zu sein, wie jetzt Wissenschaftler der Universitäten Köln und Freiburg ermittelt haben.

Das Forscherteam des Kölner Sozialpsychologen Thomas Mussweiler hat 100 jungen Männern per Nasenspray entweder Oxytocin oder aber ein wirkungsloses Plazebo verabreicht und sie dann einige Dutzend Fotos anschauen lassen. Die Bilder waren so manipuliert, dass jedes Gesicht zwei Mal auftauchte: einmal auf einem muskulösen, ein anderes Mal auf einem schmächtigen Körper. Anschließend sollten die Probanden Sympathiepunkte für die abgebildeten Männer vergeben. Dabei zeigte sich, dass man in der Placebo-Gruppe vorrangig die kräftigen Exemplare - unabhängig vom Gesicht - als unsympathisch einstufte, während sie in der Oxytocin-Gruppe ähnlich viele Sympathiepunkte sammelten wie die schmächtigen Typen.

Dass diese Ergebnisse aus einer fehlerhaften beziehungsweise überschwänglichen Selbstwahrnehmung der Oxytocin-Männer resultieren, konnten die Forscher ausschließen, indem sie ihre Probanden fragten, ob sie sich den Abercrombie-Typen ähnlich fühlten. Denn das hat sowohl die Plazebo- als auch die Oxytocin-Gruppe kategorisch abgelehnt. Das Hormon hat also tatsächlich die Sympathiegefühle gestärkt. Dies könnte auch erklären, warum frischgebackene Väter friedlicher sind und weniger auf Scharmützel mit ihren Konkurrenten aus sind, denn ein eigenes Baby lässt bei ihnen die Oxytocinwerte nach oben schießen.

Die Forscher erhoffen sich jedoch von ihrer Studie eher einen Impuls in der Therapie von sozialen Störungen wie beispielsweise Autismus und Borderline. Man wird zwar einen Autisten nicht mit einem Oxytocin-Spray heilen können, aber es könnte ihm möglicherweise helfen, Kontakt zu seiner Umwelt aufzubauen und ihn damit auch wieder zugänglicher für das Erlernen von wesentlichem Sozialverhalten zu machen.

(RP)
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