Projekt in Potsdam Klimakiller CO2 vergraben
Ketzin/Potsdam (RP). Ein europaweit einzigartiges Projekt läuft derzeit bei Potsdam. Kohlendioxid wird in die Erde gepumpt und dort gelagert. So könnte sich der Ausstoß des klimaschädlichen Gases in die Atmosphäre verringern lassen.
Das Klima ist im Wandel. Frühlingshafte Temperaturen im Winter in Deutschland sind nur ein Zeichen der globalen Erwärmung. Schuld ist unter anderem die zu hohe Menge an Kohlendioxid, die in die Atmosphäre gelangt. Auf der zweiten Weltklimakonferenz in Kenia wurde Anfang November über die Verminderung des weltweiten Kohlendioxid-Ausstoßes diskutiert. Ein Teil der Lösung könnte das europaweit einmalige Pilotprojekt CO2SINK in Ketzin bei Potsdam sein. Hierbei wird Kohlendioxid in geologische Erdschichten gepumpt und beobachtet. Ergebnisse werden im Jahr 2009 erwartet.
"Das CO2 wird als Flüssiggas über ein 800 Meter tiefes Bohrloch in poröse Steinschichten gepumpt", erklärt Günther Borm, Forschungsleiter und Koordinator des CO2SINK-Projekts beim Geo-Forschungszentrum Potsdam (GFZ). "Undurchlässige Deckschichten verhindern, dass das CO2 zur Erdoberfläche aufsteigt und entweicht." Das Kohlendioxid stammt aus Abgasen einer Ölraffinerie in Leuna in Sachsen-Anhalt. Es wird mit Tanklastwagen nach Ketzin transportiert und gelangt dort in den Boden statt in die Luft.
Das GFZ koordiniert das von der EU geförderte Projekt. Insgesamt sind 45 internationale Forschungsinstitutionen und Industrieunternehmen beteiligt. Im Januar starten die Bohrungen mit einer Injektionsbohrung, durch die ab August 2007 das CO2 eingespeist werden soll. 60.000 Tonnen über zwei Jahre. Außerdem wird es zwei Beobachtungsbohrungen geben, und ein umfangreiches Messprogramm wird folgen. Durch die Beobachtungsbohrungen wollen die Wissenschaftler herausfinden, wie sich das CO2 unter der Erde verhält.
"Wir wollen erstmals in einem Forschungs- und Entwicklungspilotprojekt zeigen, wie sich das CO2 im Untergrund ausbreitet, wie es mit dem Gestein und den natürlichen Tiefenwässern reagiert und welche Risiken es bei der Speicherung gibt", sagt Günther Borm. Das Projekt soll zum Beispiel überprüfen, ob das gespeicherte Kohlendioxid an den Bohrlöchern oder über das Gestein entweichen kann. Denn da es leichter ist als das salzige Tiefenwasser, drängt es nach oben.
Den Klimawandel könne man mit dem Projekt allerdings nicht aufhalten, betont Borm. "Der natürliche Klimawandel vollzieht sich seit Jahrmilliarden. Nichts kann ihn aufhalten. Ziel der CO2-Speicher unter der Erde ist es, den Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase - und hier besonders des menschengemachten CO2 - zu reduzieren, bis in einigen Jahrzehnten neue Methoden der emissionsarmen Energiewandlung hinreichend verfügbar sind."
Auch Klaus Töpfer, der nach seinen acht Jahren als Chef des Uno-Umweltprogramms UNEP nun als Berater der Bundesregierung wirkt, hält die Forschung an Projekten wie CO2SINK für extrem wichtig. "Man muss sich Gedanken machen über eine saubere Nutzung von Kohle, bis hin zur sicheren Lagerung der Kohlenstoff-Emissionen in unterirdischen Kavernen, etwa in früheren Ölfeldern", sagt Töpfer im Gespräch mit unserer Zeitung. "Da sind viele technologische Entwicklungen im Gang. In Norwegen und Kanada wird sie schon angewendet." In der nördlichen Nordsee pumpt die norwegische Firma Statoil das CO2, das bei der Erdgasförderung mit anfällt, seit 1996 mit jährlich über einer Millionen Tonnen in leergeförderte Lagerstättengesteine unter dem Meeresboden.
Die Hoffnung der Wissenschaftler ist es, dass sich das im Boden gespeicherte CO2 im Laufe der Jahre und Jahrhunderte im Tiefenwasser auflöst. "Das hochsalzige Wasser im tiefen Untergrund wird angereichert mit CO2, das CO2 löst sich in diesem Wasser, und man hat dann eine Art mineralisiertes Sprudelwasser", erklärt Günther Borm das Prinzip.
"Langfristig, über die Jahrhunderte, Jahrtausende oder Jahrmillionen wird daraus dann Kalkstein", so Borm weiter. "Die ganze Erdkruste besteht aus Kalkstein. Der größte CO2-Speicher dieser Erde ist nun mal die Erdkruste und da gehört das CO2 auch hin."
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