Feuerwehr unzureichend ausgebildet, Geräte fehlen Experten fordern bessere Waldbrandvorsorge in NRW
Düsseldorf · Allein in den vergangenen vier Jahren ist in NRW die gleiche Fläche verbrannt wie in den 16 Jahren davor. Trotzdem sind Feuerwehren und Forstämter nicht gut genug vorbereitet, sagt der Deutsche Feuerwehrverband.

So schlimm waren die Waldbrände in NRW in den vergangenen Jahren
Angesichts der hohen Zahl von Waldbränden steigt die Notwendigkeit, auch in NRW in die Brandvorsorge zu investieren. Dabei gebe es jedoch in allen betroffenen Bereichen großen Nachholbedarf, kritisiert Ulrich Cimolino, Leiter des Arbeitskreises Waldbrand beim Deutschen Feuerwehrverband. So wurden in NRW in den Jahren 2010 bis 2019 laut Statistik pro Jahr nie mehr als 22.000 Euro für vorbeugenden Brandschutz ausgegeben. Dies sei der mangelnden Aufmerksamkeit der Politik geschuldet, nur dann, wenn das Thema aktuell dränge, würde auch investiert. „Wir müssen aber weg von den Wellenbewegungen im Katastrophenschutz“, sagt Cimolino. „Sinnvolle Waldbrandvorsorge erfordert einen langen Atem.“
Zwischen 2018 und 2021 stand in NRW mit 135 Hektar die gleiche Fläche in Flammen wie in den gesamten 16 Jahren davor, wie ein Blick in die offizielle Waldbrandstatistik des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) zeigt. Auch in diesem anhaltend trockenen Sommer hat es schon ungewöhnlich viele Vegetationsbrände gegeben – allerdings keiner, der in der Ausdehnung mit den Bränden in Brandenburg annähernd vergleichbar wäre. Eine Gefahr stellen auch munitionsbelastete Flächen dar, wie gerade bei dem Brand im Berliner Grunewald zu sehen war. Dort hatte es im Umkreis eines Sprengplatzes gebrannt, bei Detonationen wurden Trümmer herumgeschleudert. Auch in NRW gibt es Gebiete, in denen noch Munition im Boden verborgen liegt, etwa in Ostwestfalen, im Hürtgenwald im Kreis Düren, im Hardtwald in Mönchengladbach oder im Reichswald im Kreis Kleve. Die Feuerwehr muss bei Waldbränden dort sehr vorsichtig agieren und kann nur aus großer Entfernung löschen.
Schaut man in die Statistik, ist es nur eine Frage der Zeit, bis es auch hierzulande munitionsbelastete Regionen trifft. So stand der Wald in NRW in den Sommern ab 2018 durchschnittlich 140-mal pro Jahr in Flammen, mehr als fünfmal so viel wie in den Jahren zuvor. Zwischen 2004 und 2017 brannte es nur rund 25 Mal pro Jahr. Allerdings würden diese Waldbrandjahre die Statistik verzerren, erklärt Cimolino, auf Jahrzehnte gesehen sei die Zahl der Waldbrände rückläufig. Trotzdem müsse man sich darauf vorbereiten, dass der Klimawandel möglicherweise vermehrt trockene Jahre und damit mehr Feuer bringe, sagt Cimolino. Die Vorbeugung sei aber unzureichend.
Der Experte kritisiert vor allem die noch ausbaufähige Zusammenarbeit zwischen den betroffenen Interessengruppen. Waldbesitzer, Naturschützer, Förster, Feuerwehr und Politik würden nicht zwangsläufig an einem Strang ziehen, wenn es darum gehe, Maßnahmen zu beschließen. So seien Waldbesitzer nicht immer bereit, Schneisen durch ihren Grund zu schlagen, weil sich das wirtschaftlich nicht rechne. Mit diesen baumlosen Schneisen soll ein Übergreifen der Flammen verhindert werden. „Ohne solche Schneisen ist es fast unmöglich, ein großes Feuer zu stoppen“, sagt Cimolino, „das brennt weiter, bis es durch ein natürliches Hindernis oder ergiebigen Regen gestoppt wird.“
Auch bei der Feuerwehr sieht der Experte großen Nachholbedarf. So werde in der Ausbildung das Thema Vegetationsbrandbekämpfung nicht erwähnt, außerdem gebe es zu oft keine geeignete Schutzkleidung für derartige Außeneinsätze. „Wir brauchen also eine angemessene Schutzkleidung und auf solche Feuer zugeschnittene Schulungen“, sagt Cimolino. Das alleine reiche aber nicht aus, auch die Einsatztaktik müsse optimiert werden, Entscheidungswege dauerten zu lange. Zudem fehlten zum Beispiel geeignete Fahrzeuge für den Einsatz im Wald.
Aktuell gebe es Pläne, das Land mit weiteren Spezialfahrzeugen auszustatten, heißt es seitens des Innen- und Landwirtschaftsministeriums NRW. Generell sieht sich das Land in dem Bereich gut aufgestellt. Demnach würden die Behörden eng mit den Feuerwehren vor Ort zusammenarbeiten. Zudem sei ein neues Waldbrandvorbeugungskonzept gerade in der finalen Abstimmung. Es soll nächste Woche vorgestellt werden und Vorschläge enthalten wie das Schaffen von Schneisen und breiten Waldwegen. Zuletzt sei bereits die Polizeifliegerstaffel mit Löschwasserbehältern für Hubschrauber ausgestattet worden.

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Deren Einsatz, schränkt Cimolino ein, sei aber nur sinnvoll, um aufkeimende Feuer zu ersticken. Brenne es ausgedehnt, würde das Wasser nur kurz die Dynamik des Brandes abdämpfen. „Wenn man es nicht schafft, in den Folgetagen die Glutnester am Boden zu löschen, brennt es genauso weiter wie vorher“, sagt Cimolino. Zur sinnvollen Feuerbekämpfung zähle daher auch eine effektive Koordination aller Beteiligten – dabei fehle es aber an Erfahrung.