Das RP-Klimahaus Die bekanntesten Verbrauchersiegel im Überblick - welche sind nachhaltig?

Düsseldorf · Wer seinen Konsum ökologisch und nachhaltig gestalten möchte, orientiert sich im Supermarkt auch an Verbrauchersiegeln. Doch faire, nachhaltige und regionale Lebensmittel zu erkennen, ist meist gar nicht so einfach. Eine Übersicht über die wichtigsten Kennzeichnungen.

Nachhaltig Einkaufen: Was bedeuten die wichtigsten Lebensmittelsiegel?
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Was bedeuten die wichtigsten Lebensmittelsiegel?

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Foto: dpa/Fabian Sommer

Bezeichnungen wie "aus kontrolliertem Anbau", "umweltschonend", "naturnah" oder "unbehandelt“ springen einem beim Einkaufen recht schnell ins Auge – schließlich klingen diese Worte schon von vorneherein nach reichlich „Bio“ und Klimaschutz. Doch aufgepasst. Überall dort, wo nicht zu erkennen ist, welche Organisation ein Siegel vergibt und wie dies überprüft wird, ist Vorsicht geboten. „Diese Begriffe klingen zwar gut, sind aber nicht geschützt und besitzen meist keinen Mehrwert. Sie sollen zum Kaufen animieren, haben rechtlich jedoch keine festgelegte Bedeutung“, sagt Lebensmittelexperte Frank Waskow von der Verbraucherzentrale NRW. Wie genau der versprochene "kontrollierte Anbau" also funktioniert, entscheidet der Anbieter ganz allein, eine unabhängige Kontrolle ist nicht vorgeschrieben. „Und jede Form der Landwirtschaft findet im ‚kontrollierten Anbau‘ statt, einen unkontrollierten Anbau gibt es nicht“, erklärt der Experte.

Allein die Tatsache, dass sich ein Prüfzeichen oder ein Siegel auf der Verpackung befindet, macht das Produkt also nicht automatisch nachhaltig und klimafreundlich. Das wäre wahrscheinlich auch gar nicht möglich bei über Tausend verschiedenen Siegeln und Labeln, die es aktuell in Deutschland gibt. Doch auf welche Siegel kann man sich dann noch verlassen? Wir geben einen Überblick.

Das EU-Bio-Logo

Damit ein Bio-Produkt auch wirklich "Bio" ist, muss mindestens das EU-Bio-Logo abgebildet sein. Das Logo – bestehend aus zwölf weißen Sternen, die auf grünem Grund ein Blatt darstellen – ist schließlich eine Pflichtkennzeichnung, die auf jedem Bio-Lebensmittel abgebildet sein muss. „Die Vergabe des EU-Bio-Siegels richtet sich dabei nach den Richtlinien der EU für ökologischen Landbau, die in der EG-Öko-Verordnung festgeschrieben sind“, erklärt Verbraucherschützer Waskow.

Das Bio-Siegel der EU.

Das Bio-Siegel der EU.

Foto: RP/dpa

Aber es gibt auch Kritikpunkte: Die Produktzutaten müssen beim EU-Bio-Logo nicht zu 100 Prozent aus Öko-Betrieben stammen. 95 Prozent reichen bereits für eine Zertifizierung aus. Das Umweltbundesamt sieht es zudem kritisch, dass anstelle von Pestiziden unter anderem Kupfer als Anti-Pilz-Mittel eingesetzt werden kann, obwohl es Bodenorganismen schädigen kann und nicht automatisch mehr Tierwohl garantiert.

Das deutsche Bio-Siegel

Zusätzlich zum EU-Bio-Logo kann auch das sechseckige deutsche Bio-Siegel verwendet werden, welches ein freiwillige Kennzeichnung ist, die schon vor der Einführung des Europäischen Bio-Logos im Jahr 2010 existierte. Wirkliche Unterschiede zwischen dem EU-Bio-Logo und dem deutschen Bio-Siegel gibt es aber nicht. Für beide Verbrauchersiegel gelten dieselben Produktions- und Haltungsbedingungen.

 Das deutsche Bio-Siegel.

Das deutsche Bio-Siegel.

Foto: Woitschützke, Andreas (woi)

Auf der Webseite der Bundesregierung wird aber unter anderem hervorgehoben, dass das deutsche Bio-Siegel die Verwendung von Zusatzstoffen gegenüber konventionell hergestellten Lebensmitteln stark einschränken würde. Was den Mindeststandard für ökologische Lebensmittel betrifft, an den sich auch Bio-Handelsmarken wie ReweBio halten müssen, bieten die beiden Bio-Siegel den Verbrauchern also trotz gewisser Kritikpunkte eine gute Orientierung.

Die Ökoanbauverbände Bioland, Naturland und Demeter

Neben den beiden Standardsiegeln vergeben deutsche Bio-Verbände auch eigene Label – zu den bekanntesten gehören Bioland, Naturland und Demeter. In den sogenannten Ökoanbauverbänden schließen sich landwirtschaftliche Betriebe und Verarbeiter zusammen. Das Besondere: Die Vorgaben der Anbauverbände gehen zum Teil deutlich über die EU-Basisstandards hinaus. „Bei Lebensmitteln, die das Zeichen der Anbauverbände Bioland, Demeter oder Naturland tragen, müssen zum Beispiel 100 Prozent und nicht nur 95 Prozent der Zutaten aus Bio-Anbau stammen“, sagt Waskow.

Demeter gilt als das Bio-Siegel mit den strengsten Kriterien.

Demeter gilt als das Bio-Siegel mit den strengsten Kriterien.

Foto: Demeter

Verbands-Mitgliedern ist es anders als EU-Öko-Bauern zudem verboten, mit Gülle, Jauche oder Geflügelmist aus konventioneller Landwirtschaft zu düngen. Zudem verlangen die Bioverbände, dass ein Bio-Betrieb komplett ökologisch arbeitet – einzelne Betriebszweige können nicht ausgenommen werden. Als das Siegel mit den strengsten Kriterien gilt hierbei Demeter. Die Demeter-Produkte findet man aber vor allem im Fachhandel und seltener in Supermärkten oder Discountern.

Das MSC-Siegel für Fischerei

Ein staatlich kontrolliertes Siegel für die ökologische Fischerei gibt es bisher nicht. Ein Siegel, dass jedoch sehr häufig auf Verpackungen von Fischen und Meeresfrüchten im Supermarkt auftaucht, ist das blau-weiße MSC-Siegel. Das Marine Stewardship Council (kurz MSC) ist eine internationale, gemeinnützige Organisation, die sich für eine nachhaltige Fischerei einsetzt. Um die Meeresumwelt zu schonen, wurde als Grundprinzip festgelegt, dass der jeweilige Fischbestand immer eine gesunde Größe haben muss.

 Das MSC-Logo.

Das MSC-Logo.

Foto: dpa-tmn/Andrea Warnecke

Aber auch am MSC-Siegel gibt es Kritik: So bemängelt beispielsweise Greenpeace, dass es bei der Vergabe des Siegels an Transparenz und Konsequenz fehle. Es könnte demnach auch Fisch aus überfischten Beständen mit dem MSC-Siegel gelabelt sein. Ähnlich bewertet es Experte Waskow: „Aus Sicht der Verbraucherzentralen ist das MSC-Label ein Schritt in die richtige Richtung, jedoch sind einige MSC-gelabelte Fischarten nur bedingt empfehlenswert“. Einen Überblick über die einzelnen Fischereiprodukte liefert dabei der Nachhaltigkeits-Ratgeber der Verbraucherzentrale. Die meisten Fische mit Siegeln werden dort mit der Stufe „grün" oder „gelb“ bewertet.

Das Regionalfenster und die Regionalinitiativen

„Champignons aus Nordrhein-Westfalen, abgepackt in Geldern“ – wer im Supermarkt darauf achten möchte, woher die Milch, die Kartoffeln oder eben die Champignons kommen, kann sich am sogenannten Regionalfenster orientieren. Das Siegel gibt Auskunft über die Region, den Ort der Verarbeitung, den Anteil der verwendeten regionalen Zutaten sowie die Kontrollstelle und ist daher laut der Verbraucherzentrale eine gute Orientierungshilfe. „Eine Garantie ist das aber nicht. Der Begriff "Region" ist nicht gesetzlich definiert. Die gesiegelten Produkte können so auch deutschlandweit vermarktet werden“, sagt Waskow. Man sollte also immer genau prüfen, ob zum Beispiel zwei oder mehr Bundesländer als Großregion angegeben sind, ob das Produkt schon etliche Transportkilometer hinter sich hat, und wie hoch der Anteil an regionalen Zutaten tatsächlich ist.

 Das Regionalfenster.

Das Regionalfenster.

Foto: Regionalfenster

Im Rheinland gibt es zudem mehrere Regionalinitiativen wie Bergisch pur, Eifel, Feines vom Land und Natürlich Niederrhein, die regionale Produkte aus der Region für die Region vermarkten und die man vor allem auf Wochenmärkten, in Abokisten und bei selbstständigen Einzelhändler finden kann. Die Erzeugnisse und die Herstellung werden nach festgelegten Kriterien produziert wie beispielsweise eine artgerechte Tierhaltung, die naturnahe Bewirtschaftung des Landes und eine transparente Verarbeitung der regionalen Produkte.

Nachhaltigkeitslabel wie „Eco-Score"

Kunden entscheiden sich heutzutage nicht mehr nur aufgrund des Preises und der Qualität für den Kauf von bestimmten Lebensmitteln, sondern orientieren sich auch an Aspekten wie Nachhaltigkeit und Gesundheit. Mit dem Nutri-Score wurde bereits Ende 2020 eine Kennzeichnung zum gesundheitsbewussten Einkaufen auf den Markt gebracht. Die fünffarbige Nährwertkennzeichnung soll dabei helfen, eine bessere Ernährung umzusetzen und etwa Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorzubeugen.

In Zukunft könnt es neben dem Nutri-Score auch noch einen Eco-Score oder Planet-Score geben, der wiederum die Umwelteigenschaften eines Lebensmittels innerhalb von fünf Stufen kategorisiert. Die Kontrollen könnten dann ähnlich wie beim Nutri-Score ablaufen. Die Hersteller berechnen den Score dabei selbst, müssen sich aber an genaue Vorgaben halten.

Die 30 besten Lebensmittel für ihre Gesundheit - Fotos
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Die 30 besten Lebensmittel für Ihre Gesundheit

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Foto: Getty Images/iStockphoto/KatarzynaBialasiewicz
Lebensmittel liegen in einem Supermarkt an der Kasse auf dem Band (Symbolfoto).

Lebensmittel liegen in einem Supermarkt an der Kasse auf dem Band (Symbolfoto).

Foto: dpa/Hendrik Schmidt

Der Discounter Lidl testet bereits seit vergangenem Sommer als erster deutscher Händler den Eco-Score in seinen Berliner Filialen. Die Nachhaltigkeit der Produkte solle dadurch noch sichtbarer gemacht werden, um die Kunden zu einem verantwortungsvolleren Verbrauch zu bewegen.

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