Neue Studienergebnisse 120km/h-Tempolimit spart mehr CO2 ein als gedacht

Dessau/Berlin · Verkehrsminister Volker Wissing lehnt ein Tempolimit weiter ab. Dabei bringt einer neuen Studie zufolge ein Tempolimit von 120 Kilometern pro Stunde auf Autobahnen und autobahnähnlich ausgebauten Straßen mehr CO2-Einsparung als bisher gedacht.

 Die Verkehrszentrale steuert die Schilder zur Anzeige der Geschwindigkeitsbegrenzungen auf der A5 (Symbolbild).

Die Verkehrszentrale steuert die Schilder zur Anzeige der Geschwindigkeitsbegrenzungen auf der A5 (Symbolbild).

Foto: dpa/Boris Roessler

Ein solches Tempolimit könne Treibhausgasemissionen in Höhe von 6,7 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente einsparen, teilte das Umweltbundesamt (UBA) am Montag mit. Dies widerspricht der Argumentation von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP), wonach ein Tempolimit kaum Emissionen einsparen würde.

Deutschland ist das einzige Land in Europa, in dem es kein allgemeines Tempolimit auf Autobahnen gibt. In den anderen EU-Staaten gilt der Regel eine Höchstgeschwindigkeit von 120 oder 130 Kilometer pro Stunde. Wissing und die FDP lehnen eine solche Begrenzung weiterhin ab.

Bisher war das Umweltbundesamt von einer Einsparung von 2,6 Millionen Tonnen CO2 durch ein Tempolimit ausgegangen. Die neuen Berechnungen basieren der Behörde zufolge auf Floating-Car-Daten für das gesamte Autobahnnetz in Deutschland und einem deutschlandweiten Verkehrsmodell.

„Die höheren CO2-Einsparungen im Vergleich zu früheren Studien kommen daher, dass der Verbrauch der Fahrzeuge genauer bestimmt wurde und neu auch eine veränderte Routenwahl und Verkehrsnachfrage berücksichtigt wurden“, erklärte das UBA. Die Berechnungen schlössen auch die Verlagerungen auf andere Verkehrsträger wie die Bahn mit ein.

Ein zusätzliches Tempolimit von 80 Kilometern pro Stunde auf Außerortsstraßen würde der Studie zufolge das Einsparpotenzial auf acht Millionen Tonnen CO2-Äquivalente erhöhen, so das UBA. Durch die Kombination beider Tempolimits hätten 2018 die Treibhausgasemissionen der Pkw und Nutzfahrzeuge in Deutschland insgesamt um rund fünf Prozent gesenkt werden können.

Bei einer Umsetzung ab 2024 könnten Tempo 120 auf Bundesautobahnen und Tempo 80 auf Außerortsstraßen bis 2030 in Summe rund 47 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente einsparen, rechnete das UBA vor. Die Einsparungen lösten nicht die Klimaherausforderungen im Verkehr, „aber sie sind eben auch keine Kleinigkeit“, betonte UBA-Präsident Dirk Messner.

Um die gleiche Minderung wie für das Tempolimit zu erreichen, müssten drei Millionen mehr reine Elektrofahrzeuge auf deutschen Straßen mit der durchschnittlichen Fahrleistung unterwegs sein, erläuterte der UBA-Präsident. Wenn deren Kauf vom Umweltbonus gefördert worden wäre, hätte das mehr als 13 Milliarden Euro Kosten beim Staat verursacht.

Messner hob hervor, dass die bisher von der Bundesregierung beschlossenen Maßnahmen nicht ausreichten, um die verbindlichen Jahresziele für den Verkehr nach dem Klimaschutzgesetz einzuhalten. Die jährlichen Zielverfehlungen summieren sich im Verkehr bis 2030 auf 271 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente.

Die Tempolimits „könnten diese Klimaschutzlücke zwischen dem derzeit erwarteten Emissionsverlauf und den verbindlichen Zielen um rund ein Sechstel schließen“, argumentierte der UBA-Präsident.

Wissing hatte erst am Wochenende in der „Bild am Sonntag“ betont: „Das Tempo gehört in die Eigenverantwortung der Bürger, solange andere nicht gefährdet werden. Der Staat sollte sich hier zurückhalten“.

Die neuen UBA-Zahlen waren teilweise bereits in den vergangenen Tagen bekannt geworden. In Umfragen hat sich wiederholt eine Mehrheit der Befragten für ein generelles Tempolimit auf Autobahnen ausgesprochen.

(felt/AFP)
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