Das RP-Klimahaus Worauf Sie beim Kauf eines gebrauchten E-Autos achten sollten

Düsseldorf · Vom Akkuzustand bis hin zur Restwertentwicklung müssen beim Kauf eines elektrischen Gebrauchtwagens zahlreiche Faktoren bedacht werden. Die wichtigsten Informationen im Überblick.

Beim Gebrauchtwagenkauf können schnell vermeidbare Fehler gemacht werden.

Beim Gebrauchtwagenkauf können schnell vermeidbare Fehler gemacht werden.

Foto: dpa/Sebastian Kahnert

Es gibt gute Gründe, sich ein E-Auto zu kaufen: Technisch werden die Wagen immer ausgereifter, die Spritpreise steigen und die Auswahl an Modellen wächst stetig.

Einen Neuwagen kann oder will sich aber lange nicht jeder leisten. Zudem haben neue E-Fahrzeuge wegen der steigenden Nachfrage oft lange Lieferzeiten. Deswegen lohnt es sich, einen Blick auf den Gebrauchtwagenmarkt zu werfen. Doch worauf muss beim Kauf eines gebrauchten E-Autos geachtet werden?

Das Modell
Vor dem Kauf sollte genau überlegt werden, ob das Modell eigenen Anforderungen und dem Budget entspricht. Kleinwagen wie der Renault Zoe sind schon ab etwa 11.000 Euro erhältlich. Neu kostet der Wagen bei Renault ab 36.840 Euro. Der elektrische Flitzer zeichnet sich nach Angaben des ADAC durch sein sicheres Fahrverhalten, schnelles Laden an einer sogenannten Wallbox zuhause und einen vergleichsweise großen Kofferraum aus. Negativ fallen dagegen lange Ladezeiten direkt an Haushaltssteckdosen auf.

 Das Modell eines Renault Zoe wird geladen.

Das Modell eines Renault Zoe wird geladen.

Foto: dpa/Carsten Rehder

Das Mittelklasse-Modell Model 3 von Tesla ist gebraucht für rund 42.000 Euro zu finden. Auf der Webseite von Tesla gibt es den Wagen mit Hinterradantrieb neu ab 49.990 Euro. Das Model 3 überzeuge sowohl durch die hohe Reichweite, als auch den starken Motor und agiles Fahrverhalten. Damit geht aber nach dem ADAC ein teils lückenhafter Kundenservice einher.

Fahrzeuge der Oberklasse wie der Porsche Taycan kosten auch gebraucht oft noch über 90.000 Euro. Der Porsche bietet laut dem ADAC eine hervorragende Verarbeitung, eine sehr gute Fahrleistungen und kurze Ladezeiten. Neben dem hohen Anschaffungspreis wird aber etwa die begrenzte Reichweite (je nach Fahrweise sind es nur 250 Kilometer) und das geringe Platzangebot im hinteren Teil des Autos kritisiert.

Finanzielle Förderung vom Staat wird man beim Kauf eines gebrauchten E-Autos übrigens selten erhalten. Dafür müssen ganz bestimmte Kriterien erfüllt werden: So darf der Wagen bei der Erstzulassung noch keinen Umweltbonus des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle erhalten haben. Die Erstzulassung muss nach dem 4. November 2019 erfolgt sein und der Wagen darf bislang maximal 15.000 Kilometer zurückgelegt haben.

Die Verschleißteile
Von den Zündkerzen über das Schaltgetriebe bis zum Zahnriemen gibt es beim Verbrennermotor viele Verschleißteile, die nach dem Kauf eines Gebrauchtwagens zur Kostenfalle werden können. E-Autos kommen ohne die genannten Komponenten aus. Grundsätzlich sind Elektromotoren deswegen ebenso verschleißarm wie zuverlässig. „Defekte sind sehr selten“, bestätigt auch Matthias Vogt vom ADAC. Wenn doch etwas nicht stimmen sollte, könne ein Kfz-Fachmann den Defekt beispielsweise anhand ungewöhnlich lauter Motorgeräusche erkennen.

Auch die Bremsen werden bei Elektrofahrzeugen weniger Verschleiß ausgesetzt: E-Motoren nutzen die Bewegungsenergie des Pkw, um den Akku während der Fahrt zu laden. Der Prozess bremst das Auto automatisch aus. Das Fahrwerk und die Stoßdämpfer werden dagegen genauso beansprucht, wie bei Dieselfahrzeugen oder Benzinern – ein genauer Blick unter das Auto bleibt deswegen vor dem Kauf ratsam.

Zudem sollte darauf geachtet werden, dass alle Zubehörteile des Fahrzeugs vorhanden und in entsprechend gutem Zustand sind. „Bei der Hauptuntersuchung (HU) stellt beispielsweise ein fehlendes oder defektes Ladekabel einen erheblichen Mangel dar und führt zur Verweigerung der Plakette“, informiert der ADAC.

Der Akku
Bei der Wahl des Fahrzeugs nimmt der Zustand des Auto-Akkus eine wichtige Rolle ein. Mit jedem Ladezyklus lässt die Leistung der Batterie nach – das kennt jeder von Smartphones oder Laptops. Die Reichweite des E-Autos verringert sich, es muss häufiger geladen werden. Deswegen gilt: Je älter das Auto ist, desto schwächer die Batterie. Das liegt auch daran, dass die Akkutechnologie von E-Fahrzeugen der ersten Generation, die vor rund neun Jahren auf den Markt kam – mit Fahrzeugen wie dem Renault Zoe oder dem BMW i3 – noch nicht ausgereift war. „Bei der Akkuentwicklung gab es in den vergangenen Jahren immense Fortschritte was die Technologie, die Fertigungsverfahren, die Leistungsdichte und das Batterie- sowie Thermomanagement betrifft“, sagt E-Auto-Experte Vogt. „Insofern sind heutige Akkus kaum mehr mit denen von vor zehn Jahren vergleichbar.“

Gerade für Menschen, die täglich weite Strecken zurücklegen, kann dieser Leistungsunterschied auf lange Sicht zum Problem werden. Nach Angaben des ADAC schaffen aber auch Elektroautos der ersten Batteriegeneration eine tägliche Pendlerstrecke von 50 Kilometern – selbst im Winter, wo die Leistung des Akkus wegen der niedrigen Temperaturen zusätzlich abnimmt. Bei Strecken von 100 Kilometern und mehr wird es für ältere E-Autos dagegen möglicherweise eng.

Deswegen sollte man vor dem Kauf die Daten der Autobatterie bei einer Werkstatt auslesen lassen, um verlässliche Informationen über den Gesundheitszustand des Akkus zu bekommen. „Je niedriger die Restkapazität, umso mehr Vorsicht ist geboten“, sagt Vogt. Letztlich hänge es auch hier vom Alter des Fahrzeugs ab, ob ein Gesundheitszustand von beispielsweise 85 Prozent noch gut oder schon unterdurchschnittlich ist.

Zusätzlich zur Batteriekontrolle können vergangene Batteriechecks auch im Serviceheft nachgelesen werden. Wurde das nicht sorgfältig geführt, ist ohnehin Vorsicht beim Kauf geboten. Auf die Angaben des Fahrzeugherstellers sollte man sich nicht verlassen. „Die tatsächliche Reichweite von E-Autos liegt meist deutlich niedriger“, warnt der ADAC. Die Akku-Leistung hänge maßgeblich vom Fahrverhalten, der Außentemperatur und den Wetterbedingungen sowie der Nutzung von beispielsweise Heizung oder Klimaanlage ab.

Die Gesundheit der Batterie sollte vor dem Kauf von einem Experten kontrolliert werden.

Die Gesundheit der Batterie sollte vor dem Kauf von einem Experten kontrolliert werden.

Foto: dpa-tmn/Florian Schuh

Wichtig ist außerdem ein Blick auf die Garantieregeln des jeweiligen Herstellers. Unterschreitet die Akku-Leistung zum Beispiel eine bestimmte Restkapazität (hier liegt die Grenze meistens bei 70 Prozent der Speicherkapazität), liegt ein Garantiefall vor. Der greift allerdings nur, wenn der Wagen sich noch innerhalb der vom Hersteller festgelegten Alters- oder Kilometergrenze bewegt.

Muss man nach dem Kauf den gesamten Akku austauschen lassen, wird das teuer. Es gibt jedoch auch Modelle wie den e-Golf von Volkswagen und den Nissan Leaf, bei denen einzelne Batteriemodule ausgetauscht werden können. Wie viel das im Einzelfall kostet, könne man nicht konkret sagen, da es auf eine Vielzahl von Variablen ankomme, sagt Alexander Sellei, Communications Manager bei Nissan. „Diese Kosten spielen zudem in 99 Prozent der Fälle für den Verbraucher keine Rolle, denn denkbare Batteriefehler sind von einer Acht-Jahre-Garantie gedeckt.“ Generell seien Batteriefehler bei E-Autos unwahrscheinlich und treten eher früh im Lebenszyklus eines Fahrzeugs auf. Nach Vogt bewegen sich die Reparaturkosten in Größenordnungen, die mit einer größere Motorreparatur beim Verbrenner vergleichbar ist.

Alternativ gibt es noch die Möglichkeit, gezielt nach Fahrzeugen mit Miet-Akkus zu suchen. Bei Neuwagen wird diese Option inzwischen nicht mehr angeboten. „Mietbatterien wurden damals den Pionieren unter den Kunden angeboten, die das Risiko eines Batterieschadens nicht tragen wollten“, sagt Sellei. „Mittlerweile ist aber klar, dass die Technik extrem zuverlässig ist und es keinen Grund gibt, an der Haltbarkeit zu zweifeln.“ Bei einigen gebrauchten Modellen von Herstellern wie Nissan, Renault oder Smart ist diese Option aber noch vorhanden. Hier fallen zwar monatliche Kosten für die Miete an, dafür können defekte oder leistungsschwache Akkus ausgetauscht werden.

Der Verkauf
Alle bisherigen Schäden oder Mängel sollten vor dem Kauf vertraglich genau festgehalten werden, um sich als Käufer im Fall auftretender Probleme ein Stück weit abzusichern. Zudem gibt es einige Warnsignale, wie das bereits erwähnte lückenhafte Serviceheft. Skeptisch sollten Käufer auch immer bei zu günstigen Angeboten sein: Wenn der Preis zu sehr vom handelsüblichen Marktwert abweicht, hat die Sache wahrscheinlich einen Haken. Anzahlungen sind ebenfalls nicht ratsam und auch wenn eine längere Testfahrt zur Einschätzung der Reichweite abgelehnt wird, ist das nicht unbedingt ein gutes Zeichen.

Im Gespräch mit dem Verkäufer können zweifelhafte Absichten deutlich werden: Der ADAC warnt etwa vor Händlern oder Einzelpersonen, die den Käufer unter Druck setzen und ihn dazu drängen, sich schnell zu entscheiden. Auch unpräzise oder ausweichende Antworten zu konkreten Fragen, etwa im Bezug auf vorherige Unfallschäden, können ein Hinweis auf wenig vertrauenswürdige Angebote sein.

 Der Kaufvertrag sollte nie einfach unterschrieben werden. Ein genauer Blick auf den Inhalt kann später böse Überraschungen verhindern.

Der Kaufvertrag sollte nie einfach unterschrieben werden. Ein genauer Blick auf den Inhalt kann später böse Überraschungen verhindern.

Foto: dpa-tmn/Silvia Marks

Selbst wenn der Kauf des neuen Autos dringend notwendig ist, gilt deswegen: Genau hinhören, sich Zeit lassen und am besten einen KFZ-Kenner an der Hand haben, der sich das Fahrzeug noch einmal anschaut.

Die Restwertentwicklung
Weil Autos wohl die wenigsten Fahrer jahrzehntelang begleiten, ist die Restwertentwicklung auch beim Gebrauchtwagenkauf ein wichtiger Faktor. Die angespannte Marksituation bei Neuwagen wirke sich dabei auch auf den Gebrauchtwagenmarkt aus, erklärt Matthias Vogt. Kunden müssen teils extrem lange auf neue Pkw warten, gebrauchte E-Autos werden deswegen aktuell zu Rekordpreisen gehandelt. „Insofern entscheidet eher das Budget und die Geduld, ob man einen Neuwagen bestellt und auf Ihn wartet, oder auf dem Gebrauchtwagenmarkt ein Auto kauft“, sagt der ADAC-Experte.

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Foto: dpa/Hendrik Schmidt

Die Situation ist auch so angespannt, weil neuere Gebrauchtwagen häufig für einen guten Preis nach Skandinavien verkauft werden. Das liege nach Vogt an den in Skandinavien vergleichsweise hohen Zulassungssteuern. Gebrauchte E-Autos seien in einigen Ländern deswegen deutlich gegenüber ihren Verbrennervarianten bevorzugt. „Und so ist ein bei uns teurer E-Gebrauchtwagen in Skandinavien immer noch ein Schnäppchen, was bei uns wiederum die Gebrauchtwagenpreise in Deutschland nach oben getrieben hat“, erklärt Vogt weiter. Aufgrund einer kurzen Mindesthaltedauer von sechs Monaten und der relativ hohen Neufahrzeugförderung sei in Deutschland zwischenzeitlich ein regelrechter Elektro-Exportmarkt entstanden. Elektroautos konnten so nach einem halben Jahr oft zum höheren Preis als der Neupreis exportiert werden.

Wie sich der Restwert der Stromer weiter entwickeln wird, ist in der aktuellen Lage schwer abzuschätzen. Durch Fördergelder bleiben manche Neuwagen preislich attraktiv, wenn sie wieder zuverlässiger geliefert werden können. Zudem altern Modelle mit unzeitgemäßer Batterietechnologie schlecht. Auf der anderen Seite könnten weiter steigende Spritpreise und künftige politische Entscheidungen wie zum Beispiel ein Fahrverbot für Verbrenner in bestimmten Stadtbereichen auch die Nachfrage nach Gebrauchtwagen weiter nach oben treiben.

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