Klimaforschung beim US-Ölkonzern Exxon-Mobil-Forscher sagten Erderwärmung präzise voraus

Denver · Wissenschaftler des Ölkonzerns trafen genaue Prognosen – während der Konzern lange Zweifel an Klimamodellen säte. Wie die Autoren der Studie diese Erkenntnisse einordnen und was Exxon Mobil dazu sagt.

Eine Raffinerie des Ölkonzerns Exxon Mobil im US-Bundesstaat Montana.

Eine Raffinerie des Ölkonzerns Exxon Mobil im US-Bundesstaat Montana.

Foto: AP/Matt Brown

Wissenschaftler im Auftrag des US-Mineralölkonzerns Exxon Mobil haben einer neuen Studie zufolge seit den 1970er-Jahren akkurate Vorhersagen über den Klimawandel getroffen. Dies galt auch in Zeiten, in denen das Unternehmen mit öffentlichen Äußerungen den Schlussfolgerungen seiner eigenen Wissenschaftler widersprach, die Erderwärmung anzweifelte und das Zutreffen von Klimamodellen in Abrede stellte.

Die am Donnerstag in der Fachzeitschrift „Science“ erschienene Studie nahm Forschung in den Blick, die von Exxon Mobil finanziert wurde. Diese bestätigte demnach nicht nur die Aussagen von Klimaforschern, sondern kam mithilfe von mehr als einem Dutzend computerbasierten Modellen zu Vorhersagen der künftigen Erderwärmung, die mindestens genauso präzise oder noch zutreffender waren als solche von Wissenschaftlern von Hochschulen und Universitäten oder Forschern im Regierungsauftrag.

Wie akkurat die von Exxon Mobil finanzierte Forschung war, legt die neue Studie offen: Zwischen 63 Prozent und 83 Prozent der Projektionen entsprachen strikten Genauigkeitsstandards und sagten im Allgemeinen korrekt voraus, dass die Erderwärmung pro Jahrzehnt 0,2 Grad Celsius betragen werde.

Wissenschaftler, Regierungen, Aktivisten und Medien, darunter „Inside Climate News“ und die „Los Angeles Time“, hatten bereits vor einigen Jahren berichtet, dass der Mineralölkonzern mit der Forschung zum Klimawandel seit 1977 vertraut war, während er öffentlich Zweifel daran säte.

Die von Exxon Mobile finanzierte Forschung sei mit Blick auf ihre Präzision und Genauigkeit „tatsächlich erstaunlich“ gewesen, sagte Naomi Oreskes, Mitautorin der neuen Studie und Professorin für Wissenschaftsgeschichte in Harvard. Gleichermaßen erstaunlich sei aber die Heuchelei des Konzerns mit Blick auf von diesem verbreitete Desinformation gewesen, dass Klimamodelle nicht verlässlich seien.

Der Chefautor der Studie, Geoffrey Supran, der die Arbeit in Harvard begann und inzwischen Professor für Umweltwissenschaften an der University of Miami ist, sagte, man habe sich in der Studie nicht nur der Sprache und Rhetorik zugewandt, sondern auch den Daten. „Und ich würde sagen, in diesem Sinne besiegelt unsere Analyse wirklich, dass Exxon Bescheid wusste“, sagte er. Sie liefere stichhaltige Beweise, dass Exxon Mobil die Erderwärmung Jahre im Voraus akkurat vorhergesehen, sich dann aber umgedreht und die den Prognosen zugrunde liegende Wissenschaft attackiert habe.

Die Autoren der Studie zitieren den damaligen Exxon-Chef Lee Raymond mit der Aussage, Klimaprojektionen basierten auf „komplett unbelegten Klimamodellen oder, noch häufiger, schierer Spekulation“. Sein Nachfolger bezeichnete entsprechende Modelle noch im Jahr 2013 als unqualifiziert.

Unternehmenssprecher Todd Spitler erklärte, das Thema sei in den vergangenen Jahren mehrfach aufgekommen. Die Antwort von Exxon Mobil bleibe dieselbe: „Jene, die darüber sprechen, wie „Exxon Bescheid wusste“, liegen mit ihren Schlussfolgerungen falsch.“ Teils sei in der Vergangenheit versucht worden Fakten, die Position des Unternehmens zur Klimawissenschaft und dessen Unterstützung für effektive politische Lösungen falsch darzustellen, indem gut gemeinte, interne Debatten ins Licht einer Desinformationskampagne gerückt worden seien.

Exxon Mobil, eines der größten Öl- und Gasunternehmen der Welt, war und ist das Ziel mehrerer Gerichtsverfahren, in denen dem Konzern vorgeworfen wurde, von den Schäden gewusst zu haben, die seine Produkte mit Blick auf das Klima anrichten, die Öffentlichkeit aber in die Irre geführt zu haben, indem Zweifel am Klimawandel gesät worden seien.

(akir/dpa)
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