Kommentar zum Weltklimagipfel Blamabel, peinlich, handlungsunfähig

Kopenhagen (RPO). Die internationale Politik hat sich mit dem Ergebnis der Klimakonferenz blamiert. Jahrelang hatten diplomatische Unterhändler und Wissenschaftler diese zwei Wochen in Kopenhagen vorbereitet und immer wieder von entscheidenden Stunden gesprochen. Jetzt muss sich die internationale Staatengemeinschaft eingestehen, dass sie handlungsunfähig ist.

Die entscheidenden Stunden beim Klimagipfel
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Die entscheidenden Stunden beim Klimagipfel

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Der Traum, dass eine Art Weltregierung der starken Nationen die Geschicke des Planeten in großem Einvernehmen regeln kann, ist geplatzt. Er ist gescheitert am Egoismus der einzelnen Staaten, der am Ende größer war als die Angst vor einer diffusen Bedrohung, die ohne Lobby bleibt. Wie schon im Kampf gegen den Hunger will die Welt auch jetzt nicht reagieren. Die starken Länder wissen, dass sie mit den Folgen des Klimawandels in ihren Staaten schon fertig werden — und die anderen spielen eben keine Rolle.

Selbst in der sonst so beschönigenden Sprache der Politik ist die Enttäuschung lesbar. Bundeskanzlerin Merkel spricht von "gemischten Gefühlen" angesichts des Ergebnisses — auf der Skala der Politsprache bedeutet das wohl "katastrophales Ergebnis". Da ist es verständlich, wenn afrikanische Politiker von einer Ohrfeige für ihren Kontinent sprechen und viele Inselnationen gar um ihre Existenz fürchten. Diese Länder klagen zurecht, dass sie am Ende der Verhandlungen nur auf der Zuschauertribüne Platz nehmen durften.

Der hilflose Reflex der Verantwortlichen, das Desaster noch positiv zu deuten, ist schon peinlich. Immerhin könne sich jetzt die Uno mit dem Thema beschäftigen, heißt es. Dabei haben alle vorherigen Klimarunden gezeigt, dass die Vereinten Nationen keine Durchschlagskraft besitzen. Jedes Jahr wird eine neue Massenkonferenz mit großen Reden inszeniert. Auch in Kopenhagen sprachen mehr als 100 Staatschefs. Doch jedes Jahr bleibt das Ergebnisprotokoll leer. Der Klimaschutz wartet weiter auf einen starken Fürsprecher.

Das Resultat in Kopenhagen bedeutet das Versagen der Mächtigen, das Unvermögen, vielleicht überlebenswichtige Aufgaben vor das nationale Interesse zu stellen. Dabei sind Klimaschutz und mögliche wirtschaftliche Vorteile keine Gegensätze, sondern beinhalten viele Gemeinsamkeiten. Diese Erkenntnis wird von den Experten schon lange vorgetragen, sie dringt aber offenbar nicht in das Bewusstsein der Entscheidungsträger. Hoffentlich trifft dieses Prinzip nicht auf weitere Bereiche der Politik zu. Man darf gespannt sein, ob einer der Verantwortlichen jetzt wenigstens die Größe besitzt, das Resultat als das zu bewerten, was es ist: peinlich.

Das Scheitern von Kopenhagen wird nun nicht zwingend in den Untergang der Welt münden. Wir dürfen aber sicher sein, dass die einzelnen Maßnahmen, die in Rede stehen, bei weitem nicht ausreichen, um den Klimawandel wirksam zu beeinflussen. Wirtschaftlich ist das nicht, weil die Kosten für die Bewältigung der Schaden viel höher sein werden als Vorsorge. Das haben viele Gutachten bestätigt — auch solche, die eher aus neutralen Lagern stammen wie der "Stern-Report".

Besonders blamabel ist, dass es noch nicht einmal gelungen ist, ein wirksames Gerüst aufzubauen, mit dem in Zukunft sinnvoll über Klimawandel gesprochen werden kann. Die Grundzüge dafür lagen in Kopenhagen auf dem Tisch: eine klare Sprache, wie CO2-Emmission überhaupt gemessen und bewertet werden kann. Ein Vorschlag, gegenüber welcher Basis die Reduzierungsziele vereinbart werden sollen. Damit hätte das emsige UN-Klimasekreteriat und der Weltklimarat weitere Arbeit leisten können — daraus könnte sich zumindest ein Versuch entwickeln, das Problem zu lösen. Eine Art Hoffnungsschimmer. Doch die Zahl der Konjunktive in diesem Abschnitt zeigt schon, dass eben gar nichts gewonnen wurde. Auch bei der nächsten Klimarunde wird man sicher wieder tagelang streiten, wie man die Klimagase eigentlich messen will.

Tatsächlich ist das Ergebnis von Kopenhagen auch ein Indiz, wie verlogen Politik sein kann. Derzeit diskutieren doch alle über die Bedeutung von Wissenschaft und Bildung — Kopenhagen zeigt, dass solche Einlassungen nichts wert sind. Denn wenn die Forscher sich anschließend äußern, werden ihre Forderungen und Erkenntnisse ignoriert. Andere Lobbygruppen haben mehr Einfluss. Wissenschaft ist nichts wert.

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