Düsseldorf Kinder mit Übergewicht sind schlecht in Mathe
Düsseldorf · Könnte es sein, dass Kinder nur deswegen schlecht in Mathematik sind, weil sie nicht gerade zu den Schlanksten gehören? Das ist offenbar der Fall – weil Kinder, die zu viele Pfunde auf die Waage bringen, häufig über ein ziemlich schwach entwickeltes räumliches Vorstellungsvermögen verfügen. Objekte können sie anscheinend nur mit großer Mühe im Kopf drehen.
Zu dieser Erkenntnis sind kürzlich Regensburger und Düsseldorfer Forscher unter der Leitung der Sportwissenschaftlerin Petra Jansen gelangt. Die Wissenschaftler haben 16 übergewichtige und 16 normalgewichtige Kinder im Durchschnittsalter von zehn Jahren eine Reihe von Tests absolvieren lassen, in denen es um die allgemeine Intelligenz, elementare motorische Fähigkeiten und das räumliche Vorstellungsvermögen ging. Beim Intelligenztest erwiesen sich beide Gruppen noch als ebenbürtig. Umso überraschender war, wie der mentale Rotationstest ausging. Hierbei wurden den Versuchspersonen auf dem Computer-Bildschirm Paare überdimensionaler Buchstaben präsentiert, wobei der eine im Verhältnis zum anderen um 30 Grad, 90 Grad oder 150 Grad gedreht war. Die Versuchspersonen hatten die Aufgabe, so schnell wie möglich zu entscheiden, ob der rechte Buchstabe jeweils mit dem linken identisch oder sein spiegelverkehrtes Gegenstück war.
Bewegung trainiert auch den Geist
Zwar reagierten die übergewichtigen Kinder nicht im geringsten langsamer. Doch ihre Fehlerquoten waren deutlich höher als bei normalgewichtigen Kindern. Und je mehr die Buchstaben gedreht waren, desto größer waren die Leistungsunterschiede.
Doch was hat räumliches Vorstellungsvermögen mit Übergewicht zu tun? Jansen vermutet, dass es sich rächt, wenn Kinder im Allgemeinen und vielleicht besonders Kinder, die unter Übergewicht leiden, sich nicht genug körperlich bewegen. Dieser Bewegungsmangel könne eine Beeinträchtigung ihrer motorischen und feinmotorischen Fähigkeiten nach sich ziehen. Und das wiederum könne die Fähigkeit verkümmern lassen, räumlich zu sehen und zu denken und im Geist Objekte zu drehen – eine Fähigkeit, die für die Aneignung grundlegender mathematischer Fertigkeiten unabdingbar ist.
Mit einem schlechten räumlichen Vorstellungsvermögen braucht sich allerdings niemand abzufinden, denn es ist ohne weiteres möglich, es beispielsweise über Jonglieren zu trainieren. Auch das haben Jansen und ihr Team unlängst experimentell nachgewiesen. "Mit der Studie", erklärt Petra Jansen, "ergibt sich ein weiterer Hinweis darauf, dass Bewegung nicht nur für die Physis, sondern auch für andere Prozesse wichtig ist." Man dürfe die Untersuchung aber nicht falsch verstehen: "Auf keinen Fall sind übergewichtige Kinder per se dümmer." Allerdings ist die Studie ein Hinweis darauf, wie Bewegung auch das Denken beeinflussen kann.
Studie Fachzeitschrift "Appetite – Multidisciplinary Research on Eating and Drinking" (Nr. 56, S. 766-769).