Tipps von der Expertin Kinder als Vegetarier – worauf Eltern achten müssen

Obst und Gemüse sind gesund, aber ist eine rein vegetarische Ernährung für Kinder überhaupt geeignet? Und auf welche Nährstoffe sollten Eltern besonders achten? Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Auch Kinder können Vegetarier sein.

Auch Kinder können Vegetarier sein.

Foto: dpa/Oliver Berg

Welche Arten vegetarischer Ernährung gibt es überhaupt?

Man unterscheidet drei vegetarische Ernährungsformen: Die große Mehrheit sind Ovo-Laktovegetarier. Sie streichen lediglich Fisch und Fleisch von ihrem Speiseplan, verzehren aber Milch, Milchprodukte und auch Eier. Laktovegetarier verzichten auf Fleisch, Fisch und Eier, nehmen aber Milch und Milchprodukte zu sich. Veganer meiden alle vom Tier stammenden Produkte, also neben Fleisch auch Fisch, Eier, Milch und Honig. Häufig lehnen sie auch Kleidung aus tierischen Materialien ab. Bei Menschen, die alles essen, also Mischkost, spricht man übrigens von omnivorer Ernährung.

Dürfen Kinder sich rein vegetarisch ernähren?

„Eine Ovo-laktovegetarische Ernährung stellt für Kinder kein Problem dar“, sagt Diplom-Oekotrophologin Heike Meier. „Vorausgesetzt die Eltern sorgen für ein abwechslungsreiches und nährstoffreiches Essen, das alle essenziellen Nährstoffe in ausreichender Menge enthält.“ Von einer rein veganen Ernährung bei Heranwachsenden rät sie ab, genauso wie die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Die Versorgung mit zahlreichen lebensnotwendigen Nährstoffen sei mit einer rein pflanzlichen Ernährung für Kinder nicht gewährleistet. Die allgemeine Studienlage hierzu ist insgesamt recht dünn. Jüngere Studien haben allerdings gezeigt, dass vegan ernährte Kleinkinder nicht zwingend schlechter mit notwendigen Nährstoffen versorgt sind. Im Gegenteil: Die jüngste Vechi-Diätstudie mit Kleinkindern im Alter von ein bis drei Jahren ergab: In der frühen Kindheit können vegane und vegetarische Diäten im Vergleich zu einer normalen Mischkost die meisten Mikronährstoffe in wünschenswerten Mengen liefern. Was die Qualität der aufgenommenen Fette angeht, kamen die vegan ernährten Kleinkinder sogar besser weg. Besonderes Augenmerk sollte laut Angabe der Studienautoren auf (potenziell) kritische Nährstoffe gelegt werden. Dies seien etwa Vitamin D, Jod und die essenzielle Omega-3-Fettsäure DHA. Dies gelte aber für alle Kinder unabhängig von der Ernährungsform.

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Foto: Los Muertos Crew / Pexels

Gibt es Nährstoffe, auf deren Zufuhr Eltern vegetarischer Kinder besonders achten müssen?

Vegetarisch und vegan ernährte Kinder müssen darauf achten, dass sie ausreichend Energie und Eiweiß zu sich nehmen. Ihre Eltern sollten zusätzlich besonders auf die Zufuhr von Vitamin B2, Vitamin B12, Kalzium und Eisen achten. Oft ist auch die ausreichende Aufnahme von Jod, Selen, Zink, Vitamin D und langkettigen Omega-3-Fettsäuren kritisch. Mögliche Mängel können die Gesundheit und Entwicklung der Heranwachsenden gefährden.

In welchen Lebensmitteln findet man diese kritischen Nährstoffe?

„Vitamin D ist etwa in Eigelb oder fettreichem Seefisch wie Lachs enthalten“, weiß Ökotrophologin Heike Meier aus Tönisvorst. Außerdem helfe es, viel an der frischen Luft zu sein. „Sonne hilft bei der Umwandlung in aktives Vitamin D“, erklärt sie. Besonders nährstoffreich seien außerdem generell Gemüse, Obst, Hülsenfrüchte (Kichererbsen, Tofu), gemahlene Nüsse und Vollkornprodukte. Um einen Mangel an Eiweißen, wichtigen Vitaminen und Mineralstoffen wie etwa Kalzium zu verhindern, sollte das Kind zudem regelmäßig Milchprodukte und Eier essen, rät die Expertin.

 Diplom-Oecotrophologin Heike Meier

Diplom-Oecotrophologin Heike Meier

Foto: Meier

Und wie viel müssen Kinder davon essen? Reichen eine Handvoll Nüsse oder Haferflocken, um den Bedarf zu decken?

„Ja. Normalerweise sind keine übergroßen Mengen nötig“, so Meier. Es komme eben unbedingt auf die Vielfalt an. „Bei Berücksichtigung der normalen Ernährungspyramide reicht eine Handvoll völlig aus.“ Generell gelte: „Je restriktiver die Ernährung, umso problematischer die Versorgung mit allen wichtigen Nährstoffen.“

Braucht es Nahrungsergänzungsmittel?

„In der Regel nicht“, erklärt die Ernährungsexpertin. Im Gegenteil. Solche Produkte seien eher mit Vorsicht zu genießen. „Oft sind sie in einzelnen Bereichen total überdosiert“, so Meier. Eine Ausnahme gebe es natürlich bei gewissen Krankheiten. „Wenn beispielsweise ein Kind an Zöliakie leidet und einen Mangel in einzelnen Bereichen hat, kann man gezielt Ergänzungsmittel geben“, so Meier. Dann handele es sich aber eher um eine Arznei. Zöliakie ist eine Autoimmunerkrankung, die sich meist als entzündliche Darmerkrankung zeigt, ausgelöst durch eine Glutenunverträglichkeit.

Was ist mit dem Spezialfall Eisen?

Unser Körper kann tierisches Eisen besser aufnehmen als Eisen aus pflanzlichen Lebensmitteln, daher müssen Vegetarier hier besonders auf eine ausreichende Aufnahme achten. „Wenn man aber geschickt kombiniert, gelingt eine gute Eisenversorgung auch ohne Fleisch“, sagt Meier. Wichtig sei hier eine sehr bunte Ernährung. Auf Eisen und auch Zink müssen Eltern besonders achten. Vegetarisch ernährte Kinder brauchen regelmäßig Hafer und Hirse zum Beispiel als Müsli oder Brot, um Eisenmangel vorzubeugen. Eisenreiches Gemüse sind etwa Fenchel, Spinat oder Salate. Damit der Körper aufgenommenes Eisen besser verwerten kann, sollten die Kinder dazu möglichst ein Vitamin-C-haltiges Getränk (Orangensaft) oder Lebensmittel (Paprika, Äpfel) essen.

Wie sieht ein idealer vegetarischer Essensplan für ein Kind aus?

Die Ernährungsfachfrau empfiehlt generell immer fünf Mahlzeiten am Tag: „Zum Frühstück könnte es etwa einen Naturjoghurt mit Flocken geben und etwas Obst, dazu ein halbes Glas Saft. In die Schulbox gehört zum Beispiel ein Vollkornbrot mit Frischkäse und Rohkost, dazu ein halber Apfel. Mittags passt ein Auflauf mit Getreide, Gemüse, mit Käse überbacken oder mit Ei und Milch, zum Nachtisch Obst. Für zwischendurch eignen sich Cracker, und abends gibt es ein Brot mit Käse und Tomate.“

Kinder haben einen höheren Energiebedarf als Erwachsene. Daher müssen Eltern darauf achten, dass sie diesen gedeckt bekommen. Vor allem Kinder, die Sport machen, müssen viel essen. Meier: „Da ist dann auch mal ein Energieriegel erlaubt.“ Süßigkeiten empfiehlt die Expertin von Berufs wegen nicht, sie seien in Maßen aber „geduldet“, entsprechend der Ernährungspyramide.

Ist vegetarisches Kantinenessen nahrhaft?

„Wenn es gut und frisch gekocht ist, kann es ganz gut sein“, so Meier. Generell ist sie aber eher skeptisch. „Oft werden in Kantinen viele Fertigprodukte verwertet, da weiß dann keiner genau, was in einem Blumenkohlschnitzel eigentlich drinnen ist.“ Auch vegane Ersatzprodukte wie Frikadellen oder Wurst sieht die Ökotrophologin eher kritisch. „Hier sind oft Zusatzstoffe enthalten, um den Fleischgeschmack zu imitieren“, so Meier.

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