Archäologie Kastell Karls des Großen entdeckt?

Hohenwarthe (RPO). Archäologen haben 2006 unweit von Magdeburg ein Militärkastell aus der Zeit Karls des Großen (747-814) gefunden. Jetzt haben sie nach eigenen Angaben Gewissheit, dass es sich um ein Militärkastell aus der Zeit des ersten deutschen Kaisers handelt.

Bereits seit 2006 ist ein Expertenteam unter der Leitung des Frankfurter Archäologen Joachim Henning bei Hohenwarthe im Jerichower Land mit Grabungsarbeiten beschäftigt. Zunächst fanden sie mit Hilfe geophysikalischer Untersuchungen mehrere Gräben als Reste eines Befestigungswerks.

Wie die Fachleute am Donnerstag berichteten, wurde bereits nach den ersten Funden vermutet, dass es sich bei den zugeschütteten Gräben um die Reste jener Anlage handeln könnte, die in einer karolingischen Chronik erwähnt wird. Darin wird berichtet, dass Karl der Große im Jahr 806 im Zuge von Militäraktionen gegen die Slawen den Bau eines "Castellum contra Magadaburg" in Auftrag gegeben hatte. Wo genau sich dieses Kastell befand, darüber wurde seit Jahrzehnten gerätselt. Der Weinberg bei Hohenwarthe, eine Erhebung direkt an der Elbe mit gutem Blick auf Magdeburg, bot offenbar dafür einen geeigneten Standort.

Im Zuge der von der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt am Main finanzierten und vom Landesamt für Archäologie Sachsen-Anhalt unterstützten Arbeiten wurden zunächst mehrere umeinander liegende Gräben entdeckt. Der äußere der fünf Gräben hat einen Durchmesser von rund 300 Metern. Derartige Grabensysteme sind vor allem aus der Jungsteinzeit bekannt.

Auch Pollenanalysen halfen bei der Datierung

Mit Hilfe sogenannter 14-C-Datierungen und Pollenanalysen aus den verschütteten Gräben habe nun jedoch mit Sicherheit nachgewiesen werden können, dass die Anlage aus dem 7. bis 8. Jahrhundert stammt. Anders als die vier inneren Spitzgräben wird ein äußerer fünfter Ring auf das 10. Jahrhundert datiert. Er hat eine deutlich gerundete Sohle und stammt nach Erkenntnis der Archäologen aus der Zeit der Slawenfeldzüge Ottos des Großen.

Die Bedeutung des Fundes ist nach Ansicht von Joachim Henning von europäischer Dimension. Bislang gibt es kaum Belege dafür, wie Befestigungsanlagen aus Karolingischer Zeit ausgesehen haben. Zuvor hatten nur die Pfalzen in Aachen und Ingelheim direkt mit dem Wirken Karls des Großen in Verbindung gebracht werden können. "Von seiner Bedeutung als Kastell an der äußeren Grenze des Karolingerreiches ist Hohenwarthe sogar einzigartig", erklärt Henning. Aus europäischer Sicht stellt der Fund von Hohenwarthe den ältesten und bislang einzig sicheren Befund dar, der direkt mit dem Wirken der fränkischen Könige und Kaiser in den seinerzeit slawisch besiedelten Gebieten östlich der Elbe und Saale verbunden werden kann.

Durch ihre Erwähnung in der Chronik Moissac kann der Bau der Anlage fast aufs Jahr genau datiert werden. "Das ist Goldstaub in der Archäologie", freut sich Henning. Mit Hilfe naturwissenschaftlicher Methoden sollen nun weitere Erkenntnisse über diese Zeit gewonnen werden. So ließen sich zum Beispiel durch die Untersuchung gefundener Zähne Erkenntnisse über das Klima jener Zeit gewinnen, wie der Professor als nur ein Beispiel nennt.

Weitere Funde erwartet

Henning erwartet nach dem Fund wichtige Impulse für die weitere Forschung im gesamten Raum des ehemaligen Karolingerreiches. Objekte aus der Zeit Karls des Großen könnten nun, da man rekonstruieren könne, wie sie aussahen, leichter identifiziert werden. Man könne gezielt danach suchen. Der Archäologe erwartet in der Zukunft weitere Funde aus dieser Zeit.

(AP)
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