Borneo Kannenpflanze bietet sich Fledermäusen als Plumpsklo an

Borneo · Fleisch fressende Pflanzen locken normalerweise ihre Insektenopfer mit ihren Düften oder ihrem attraktiven Aussehen an. Doch eine im Urwald von Borneo heimische Kannenpflanze setzt stattdessen auf Akustik. Und damit will sie nicht etwa Insekten, sondern Fledermäuse anlocken.

Im bunten und duftenden Dschungel wirkt Nepenthes hemsleyana geradezu wie ein Mauerblümchen. Ihr Grün ist langweilig und ihr Duft schwach, so dass Insekten sie nur wenig verlockend finden. Was eigentlich für eine Fleisch fressende Pflanze eine Tragödie sein sollte, weil sie auf zusätzliche Stickstoffquellen jenseits des Bodens angewiesen ist. Aber Hemsleyana hat, wie jetzt Biologen (unter Michael Schöner) der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald beobachtet haben, offenbar eine andere Strategie entwickelt, um an "Beute" zu kommen.

An der Rückwand ihrer Kanne besitzt sie einen Reflektor, der die Ultraschallrufe von Wollfledermäusen aus den unterschiedlichsten Richtungen zurückwirft. Die fliegenden Säugetiere können dadurch die Kannenpflanzen immer gezielt ansteuern, ohne lange suchen zu müssen. Doch was wollen sie dort? Und vor allem: Was will die Pflanze von ihnen? Denn eigentlich ist ihr Kannenschlund viel zu klein zum Verdauen einer kompletten Fledermaus.

Die Antwort: Es geht Hemsleyana gar nicht darum, die Fledermaus zu fressen. Sie will nur - deren Kot. Die Tiere setzen sich nämlich, nachdem sie die Pflanzenkanne durch ihren Reflektor geortet haben, auf deren Rand, so dass sie vom oberseits gelegenen Kannendeckel vor der Sonne geschützt sind. An diesem kühlen Plätzchen können sie dann in aller Ruhe ihr Geschäft verrichten. Ihr Kot wandert wie in einem Plumpsklo in Richtung Kannenboden, wo ihn schließlich die Pflanze problemlos verdauen und als Stickstoffquelle nutzen kann.

Der eigentümliche Klo-Deal zwischen Fledermaus und Kannenpflanze belegt nach Ansicht von Studienleiter Michael Schöner, "welche ungewöhnlichen Lösungen die Organismen im Rahmen von symbiotischen Beziehungen entwickeln können". Wobei es allerdings gerade im Dschungel von Borneo besonders schräge Kooperationen gibt - und oft sind daran irgendwelche Kannenpflanzen beteiligt. So lässt einer ihrer anderen Vertreter, Nepenthes bicalcarata, ganze Ameisenstämme tief im Innern seiner Kannen wohnen. Die Krabbeltiere sind im Lauf der Evolution resistent gegenüber den Verdauungssäften der Pflanze geworden.

Andere Insekten haben dieses Glück nicht. Sie lassen sich vom betörenden Duft anlocken, den diese Kannenpflanze im Unterschied zur unattraktiven Hemsleyna verströmt, und dann rutschen sie in die Tiefe, wo sie schon bald sterben und von den Ameisen gefressen werden. Und diese produzieren daraufhin Ausscheidungen, die ihrem grünen Wirt fast 80 Prozent seines Stickstoffbedarfs liefern.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort