Iris Berben "Der deutsche Film muss mutiger werden"
Düsseldorf · Die Schauspielerin (65) nutzt ihre Popularität für politisches Engagement und wirbt für das Kino - als Präsidentin der Filmakademie.

Iris Berben mitten im Leben
Düsseldorf Sie war Konsulin Buddenbrook, die Industrielle Bertha Krupp und Kanzlerin Angela Merkel. Der TV-Serie "Das Erbe der Guldenburgs" gab sie als Evelyn Lauritzen Glamour und ein bisschen Biestigkeit. Gleichzeitig bleibt Iris Berben (65) ihren komödiantischen Anfängen treu, ist derzeit etwa in der Kino-Komödie "Alki, Alki" zu erleben. Dazu ist die Schauspielerin seit 2010 als Vertreterin des deutschen Films unterwegs - als Präsidentin der Deutschen Filmakademie. Für dieses Engagement wurde sie jetzt beim Kinokongress der Film- und Medienstiftung NRW mit dem Herbert-Strate-Preis ausgezeichnet.
Sie waren sich nie zu schade für eine Rolle.
Berben Was soll das heißen? Dass ich absichtlich schlechte Rollen angenommen hätte?

Wahre Schönheit hat kein Alter
Nein. Nur, dass Sie sich nicht zu schade waren, mit Diether Krebs Sketche zu spielen, obwohl Sie auch in ganz anderen Genres gezeigt haben, was Sie können, etwa in dem RAF-Drama "Es kommt der Tag".
Berben Dann machen Sie mir ein Kompliment, denn es ist das Schönste, über eine Schauspielerin zu sagen, dass sie das Zeug besitzt, alle fiktionalen Genres auszureizen! Das wünscht sich jeder Darsteller.
Aber im Herzen sind Sie Komödiantin?

Iris Berben in "Kennedys Hirn"
Berben Das kann ich nicht sagen. Ich habe gerade wieder zwei Komödien abgedreht, einen Kinderfilm, eine internationale Produktion mit Hugh Jackman. Ich gehe jeden Film mit der gleichen Seriosität, Ernsthaftigkeit und Lust an. Manchmal entscheidet sich schon während des Drehs, dass es die falsche Wahl war, aber das geschieht zum Glück nur selten. Ich empfinde es als Privileg, mich darstellerisch so breit aufstellen zu können.
Ihr Sohn Oliver ist ein erfolgreicher Produzent, hat das Ihren Blick auf die Branche verändert?
Berben Verändert hat sich mein Blick auf die Branche durch meine Berufung zur Präsidentin der Deutschen Filmakademie. Deren Arbeit ist ja in den vergangenen Jahren sehr viel politischer geworden, neue Themen sind hinzugetreten. Ich komme dadurch mit allen Gewerken innerhalb der Filmbranche in Kontakt, mit deren Bedürfnissen, den Defiziten, mit denen sie ringen. Ich habe unendlich spannende, kreative, starke Menschen kennen gelernt. Das bereichert mich sehr.

Mit diesen deutschen Promis wird am liebsten gefeiert
Blicken Sie durch Ihre Akademie-Arbeit pessimistischer oder optimistischer in die Zukunft des deutschen Films?
Berben Das sind für mich keine Kategorien. Ich war schon immer ein Mensch, der sich sagt, wenn etwas, an dem mir liegt, auf einem schwierigen Weg ist, werde ich helfen, dass es ein besserer wird. Bei mir überwiegt immer der Blick auf das Positive. Und mein Respekt für die Filmbranche ist durch meine Akademie-Tätigkeit noch mal enorm gewachsen.
Sie sind in den bewegten 68er Jahren zum Film gekommen. Hat die Studentenbewegung Sie geprägt?
Berben Ja. Die Studentenbewegung hat mir meinen wachen Geist gegeben und eine gesunde Skepsis gegenüber allen Obrigkeiten. Sie hat mich gelehrt nachzufragen, zu hinterfragen, Haltung zu bewahren.
Warum wollten Sie damals vor die Kamera?
Berben Ich war einfach ein junges Mädchen, das nicht wusste, was es machen soll. Ich bin da reingerutscht und habe erst nach Jahren gemerkt, was der Beruf der Schauspielerin eigentlich bedeutet.
Sie nutzen ihn zum Beispiel, um sich auch politisch und gesellschaftlich zu engagieren, etwa für ein besseres Verständnis zwischen Israelis und Deutschen. Seit Jahren touren Sie mit Lesungen zu Themen wie verfemte Kunst oder Holocaust. Wird diese Arbeit schwieriger?
Berben In den Lesungen selbst gibt es keine Schwierigkeiten, denn dorthin kommen Menschen, denen das Thema ja ebenfalls am Herzen liegt. Aber man merkt schon, dass das Interesse daran abnimmt.
Und zugleich laufen immer mehr Menschen mit Pegida-Parolen durch deutsche Städte - wie blicken Sie auf diese Entwicklung?
Berben Mit Wut und Abscheu. Und mit Traurigkeit.
Müsste es mehr Filmschaffende geben, die ihre Popularität nutzen, um sich etwa gegen Fremdenfeindlichkeit auszusprechen?
Berben Nein, das würde ich nicht fordern. Das muss jeder für sich selbst entscheiden. Und auch Menschen, die nicht in der Öffentlichkeit stehen, erreichen sehr viel, wie wir gerade auch erleben. Die Politik ist gefragt, finde ich. Und auch die Polizei oder die Richter sind gefragt, wenn es etwa darum geht, unsere Gesetze gegen Volksverhetzung strikt anzuwenden.
Sie haben in einer Komödie Angela Merkel gespielt, hat das Ihren Blick auf Politik verändert?
Berben Nein. Ich kenne viele Politiker schon so viele Jahre und tausche mich mit ihnen aus. Da muss ich nicht Merkel spielen, um mich in die Position eines Politikers hineindenken zu können.
Hat Sie Merkels anfängliches Eintreten für die Flüchtlinge überrascht?
Berben Es hat mich sehr gefreut. Überrascht zunächst auch, ja, dann aber auch wieder nicht. Eigentlich passte die Haltung zu ihr. Allerdings müssen wir nun sehen, was aus der Willkommenskultur in Deutschland tatsächlich wird.
Sie haben mal gesagt, dass Sie sich für den deutschen Film vor allem eine bessere Förderung der Drehbuchautoren wünschen und dass Sie als Schauspielerin noch auf besseres Futter hoffen. Was für eine Rolle wäre so ein Futter?
Berben Das möchte ich gar nicht benennen. Ich habe Lust, dass man mir etwas anbietet, auf das ich gar nicht gekommen wäre. Das mich anfeuert. Oder das mich erschreckt. Der deutsche Film braucht noch ein bisschen mehr Mut, alle Genres zu bedienen und große Bilder zu wagen. Aber natürlich ist es für junge Regisseure, die um ihre Budgets kämpfen und dann plötzlich schnell drehen müssen, auch nicht leicht.