Forschungsergebnisse Hören hilft beim Sehen

San Francisco (RPO). Sprache verbessert offenbar die optische Wahrnehmung: Wer den Namen eines Gegenstandes laut ausgesprochen hört, dem fällt das entsprechende Objekt anschließend viel eher ins Auge - selbst dann, wenn es sich inmitten eines optischen Durcheinanders befindet. Das haben US-Wissenschaftler in einem Experiment mit 96 Probanden entdeckt.

Ihnen wurde auf einem Bildschirm für wenige Millisekunden eine Reihe von Zeichen gezeigt wurde. Aufgabe war es, im Zeichengewimmel zu erkennen, ob ein bestimmter Buchstabe vorhanden war oder nicht.

Ergebnis: Die Erkennungsrate stieg deutlich an, wenn die Probanden vorher den Buchstaben zu hören bekommen hatten. Dagegen führte das kurzfristige Einblenden des Buchstabens auf dem Monitor vor dem Test nicht zu einer besseren Leistung. Sprache interagiere also mit dem Sehsystem und beeinflusse damit stark die Wahrnehmung des Menschen, schreiben die Wissenschaftler um Gary Lupyan von der University of Pennsylvania in Philadelphia in der Online-Fachzeitschrift "PLoS One" (doi: 10.1371/journal.pone.0011452).

Hören und Sehen ergänzen sich

Bei der Wahrnehmung des Menschen spielen Hören und Sehen nicht nur eine tragende Rolle, sie ergänzen sich zum Teil auch gegenseitig, wie frühere Versuche gezeigt haben. Betrachtet ein Mensch etwa Bilder von alltäglichen Gegenständen, entdeckt er beispielsweise einen Löffel schneller, wenn er zuvor das Wort "Besteck" gehört hat. Und wird einer Versuchsperson ausdrücklich gesagt, sie solle die Ziffer Zwei unter lauter Fünfern finden, so ist sie dabei schneller als Probanden, denen lediglich auf einem Bild gezeigt wurde, wonach sie suchen sollen. Die Wissenschaftler wollten nun herausfinden, ob auch während eines Versuchs das Hören die Wahrnehmung stärker beeinflusst als das Sehen.

In dem Test wurden auf einem Bildschirm Zeichen eingeblendet. Die Aufgabe der 96 Probanden bestand darin, in 72 Durchgängen die Anwesenheit eines bestimmten Buchstabens zu erkennen. Dazu wurde ihnen der Buchstabe entweder laut vorgesagt oder für 650 Millisekunden auf dem Bildschirm gezeigt. Eine weitere Gruppe wurde ohne die Hinweise in den Test geschickt. Wie erwartet, schnitten diese Probanden am schlechtesten ab. Bei den Gruppen, die auf den Buchstaben vorbereitet gewesen waren, übertrumpfte die Akustik-Gruppe deutlich die Gruppe, die den Buchstaben zuvor nur gesehen hatte. Wurde vor dem Versuch allerdings ein falscher Buchstabe genannt, blieb die Erkennungsleistung schwach.

Die Studie zeige, dass ein fast nicht erkennbarer Buchstabe klar ins Auge springe, wenn er vorher benannt worden sei, schreiben die Wissenschaftler. Dagegen verbessert ein gezeigtes Bild des zu entdeckenden Buchstabens die Wahrnehmungsfähigkeit nur wenig. Die Sprache verändere also offenbar ganz grundlegend die Verarbeitung von Sehreizen, lautet ihr Fazit.

(DDP/felt)
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