Granate tötete hochschwangere Tante

Meine Mutter und ich saßen am 28. Februar 1945 in einem Luftschutzkeller in Mönchengladbach. Die Amerikaner hatten Rheindahlen eingenommen. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sie auch zu uns nach Speick gelangen würden. Ein Nachbar rief nach meiner Mutter. Ihre Schwester sei durch ein Artilleriegeschoss am Hals verletzt worden. Wir brachen sofort auf, obwohl ich mit meinen 14 Jahren furchtbare Angst hatte. Neben dem Haus meiner Tante war eine Toreinfahrt. Auf dem Boden lagen drei tote Frauen, die Hauseigentümerin, ihre Tochter und meine Tante (35), die mit ihrem ersten Kind im siebten Monat schwanger war. Vor der Tür stand ein vollbepackter Fluchtwagen, sie hatten ihn nicht mehr erreicht. Eine Granate hatte sie tödlich verletzt. Wir wollten meine Tante beerdigen. Meine Mutter bot der Meisterfrau ein Paar neue schwarze Schuhe an, wenn sie uns einen richtigen Sarg verkaufen würde. Als der Sarg in die Erde gelassen wurde, war das Grab zu klein. Die Totengräber sprangen so lange auf dem Sarg herum, bis er nach unten rutschte. Meine Mutter und ich waren die einzigen Trauergäste am Grab meiner Tante.

Käthe Ebus aus Mönchengladbach

(RP)
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