"Gleisdreieck" - weich gepolsterte Beats

Album Das Lied "Mit Dir" von Joy Denalane und Max Herre ist das zweitschönste deutschsprachige Liebesduett der 1990er Jahre (das schönste ist "Stella Maris" von den Einstürzenden Neubauten und Meret Becker). "Will nichts tun, was ich später mal bereuen werd / Doch heut Nacht brauch' ich bisschen mehr als Freundschaft", sang sie damals, und kurz danach heiratete sie Max Herre. Den beiden gelang, was sonst niemand hinbekommt, zugleich verliebt und lässig zu sein nämlich.

Album Das Lied "Mit Dir" von Joy Denalane und Max Herre ist das zweitschönste deutschsprachige Liebesduett der 1990er Jahre (das schönste ist "Stella Maris" von den Einstürzenden Neubauten und Meret Becker). "Will nichts tun, was ich später mal bereuen werd / Doch heut Nacht brauch' ich bisschen mehr als Freundschaft", sang sie damals, und kurz danach heiratete sie Max Herre. Den beiden gelang, was sonst niemand hinbekommt, zugleich verliebt und lässig zu sein nämlich.

Sie bekamen zwei Kinder und trennten sich, aber inzwischen sind sie wieder zusammen, zum Glück. Und dass man all den Klatsch überhaupt kennt, zeigt schon, dass Joy Denalane einem seit diesem Lied ans Herz gewachsen ist. Sie ist nun 43, und sie hat sich in den vergangenen Jahren mit Alben wie "Mamani" und der Zusammenarbeit mit Freundeskreis als deutsche Soul-Queen etabliert, als Berliner Beyoncé sozusagen. Nun erscheint ihre neue Platte, sie heißt "Gleisdreieck", nach der Haltestelle in Kreuzberg, in deren Nähe Denalane aufgewachsen ist.

Die Stücke sind ambitioniert produziert, samtweich gepolsterte Beats, fürsorgliche Bässe und diese großartige Stimme. Man hört ihr gerne zu, sie nimmt jedem Wort die Kanten, erzählt von ihrem Leben, aus ihrer Jugend und über die Beziehung zu Max Herre. Denalane schmeichelt und schimpft, und sie kann auf ziemlich tolle Art mitreißend sein, "an einem Tag wie diesem / Erfand ein Mensch das Rad", singt sie in "Himmel berühren". Sie kann auch hinreißend niedergeschlagen sein, in "So sieht man sich wieder" etwa, wo es heißt: "Sitze in der Bar, als hätte Hopper mich gemalt".

Und auch ein Lied, das ähnlich zart und fein ist wie "Mit Dir" findet man auf "Gleisdreieck": "Venus & Mars", ein warmer Gute-Nacht-Kuss, ein Song für barfüßige Sommerabende. Manchmal allerdings will Denalane zu viel, das Stück "Hologramm" ist ein gutes Beispiel dafür. Es soll womöglich wie eine R'n'B-Nummer von internationalem Format anmuten, aber es passt einfach nicht zu ihr. Da singt sie plötzlich mit Autotune, diesem Programm, das Menschen wie Computer klingen lässt, das stört dann die intime Atmosphäre dieser Produktion.

Philipp Holstein

(RP)
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