London Franz Ferdinand in Topform zurück

London · Es kann Jahre dauern, bis sich Künstler von einem erfolgreichen Debüt erholen. Manche schaffen es nie. Insofern muss man es schon mal als Erfolg werten, dass sich die schottische Band Franz Ferdinand aus einem kreativen Tief herausgearbeitet hat. Vor zehn Jahren waren die vier Musiker um Sänger Alex Kapranos das nächste große Ding von der Insel, und vor allem Europa lag ihrem unverschämt rotzigen wie tanzbarem Gitarrenrock zu Füßen. Franz Ferdinand lieferte eine lässige Melange aus Britpop, Punk und New Wave, vorgetragen von einem Sänger, der in herrlich arrogantem Tonfall die sinnfreien Zeilen "Ich heiße superfantastisch! Ich trinke Schampus mit Lachsfisch!" singen konnte. Die Band war so etwas wie der Inbegriff musikalischen Dandytums, eine intellektuell befeuerte Spaßmaschine für die Generation Party.

Danach folgte der sukzessive Absturz. Beide Folgealben, "You Could Have It So Much Better" und "Tonight: Franz Ferdinand" konnten das hohe Niveau des Erstlings nicht halten. Die Schotten gaben sich rockiger, verspielter, es fehlten aber die zwingenden Melodien. Gleichwohl war die Band fast permanent unterwegs. Für Kapranos und Co. erwies sich das als Sackgasse: Einerseits getrieben vom Konzertapparat, andererseits künstlerisch festgefahren. Die Musiker verordneten sich nach dem erfolglosen dritten Album 2009 eine Pause voneinander. Ein Jahr verging, bis sich die Band wieder gemeinsam ans Songschreiben wagte. "Die ersten Versuche waren schrecklich", sagt Gitarrist Nick McCarthy. "Es klang, als würden wir in Sesseln singen."

Am Ende des Prozesses steht nun allerdings ein Album, das an die Klasse des drei Millionen Mal verkauften Debüts anknüpft. "Right Thoughts, Right Words, Right Actions" wird seinem Titel gerecht – Franz Ferdinand haben fast alles richtig gemacht. Fast, weil zwei, drei der neuen Lieder vom Niveau etwas abfallen. Das ist zu verschmerzen, hat das Quartett doch grundsätzlich zur alten Klasse zurückgefunden. Die Stücke sind zumeist schnell, ruppig, auch tanzbar, eine Kampfansage an die Ideenlosigkeit.

Immer noch dominieren die rau geschlagenen Gitarren, aber die Band leistet sich ein Update – hier und da wird mit Bläsern verfeinert, etwas Elektronik eingewirkt oder ein Funk-Beat untergezogen. Textlich pendeln die Songs bescheiden zwischen der Endlichkeit des Seins ("Fresh Strawberries") und der Unendlichkeit des Universums ("The Universe Expanded"). Die Kunst ist es, diesen Mix nicht aus dem Leim gehen zu lassen; aber auch das gelingt; Alex Kapranos dunkle Stimme hält alles zusammen. Die Party ist noch lange nicht vorbei.

(RP)
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