Sekunde in Gefahr Suche nach der genauesten Uhr der Welt

Paris (rpo). Eine Sekunde ist definitionsgemäß das 9.192.631.770-fache der Periode einer Mikrowelle, die mit einem ausgewählten Niveauübergang im Caesiumatom in Resonanz ist. Klare Sache. Doch das könnte bald der Vergangenheit angehören, ein neue Definition von Nöten sein. In Frankreich arbeiten Wissenschaftler emsig an der genauesten Uhr der Welt - mit einer Abweichung von einer Sekunde in 32 Milliarden Jahren.

 In Frankreich wird an einer Uhr gearbeitet, die in 32 Milliarden Jahren nur eine Sekunde falsch gehen soll.

In Frankreich wird an einer Uhr gearbeitet, die in 32 Milliarden Jahren nur eine Sekunde falsch gehen soll.

Foto: ddp, ddp

In einem Gewölbe sechs Meter unter dem Observatorium von Paris werden Atome von Lasern eingefangen und in einen Zustand der Erstarrung versetzt. Das Ziel: die genaueste Uhr der Welt. Mit neuen Methoden versuchen Forscher, die Zeitmessung auf eine neue Stufe der Präzision zu heben. Dies könnte irgendwann zu einer kleinen Revolution führen: der Neudefinition der Sekunde.

Die besten Uhren im Pariser Observatorium funktionieren bisher mit einer Abweichung von einer Sekunde alle 52 Millionen Jahre. Ein Wissenschaftsteam des Instituts will den Fehler nun auf eine Sekunde alle 32 Milliarden Jahre verringern. Zum Vergleich: das Alter des Universums wird lediglich auf 15 Milliarden Jahre geschätzt.

Braucht die Welt das oder geht es hier nur um Spielereien der Wissenschaft? Tatsächlich wird Präzisionszeitmessung in vielen Bereichen immer wichtiger. So ist die Raumfahrt auf die genauest mögliche Zeitmessung angewiesen, denn kleine Abweichungen bei der Berechnung von Flugbahnen können große Auswirkungen haben. So wird die Suche nach Leben auf Planeten außerhalb des Sonnensystems künftig auf Weltraum-Observatorien basieren, die sich in Formation auf Millimeter genau berechneten Flugbahnen bewegen.

Verbesserung um den Faktor 40.000

"Die wichtigste Anwendung unserer Forschungen wird wie seit hunderten von Jahren die Navigation bleiben", sagt der Direktor der Abteilung für Zeit-Raum-Referenzsysteme der Pariser Forschungsstätte, Philip Tuckey. "Der Unterschied ist, dass diese Navigation im Weltraum und nicht mehr auf dem Meer erfolgen wird."

In der Geschichte der Zeitmessung hat eine Erhöhung der Taktfrequenz von Uhren immer zu einer höheren Präzision geführt. Mechanische Uhren basierten dabei auf einer Schwingung pro Sekunde (ein Hertz). Seit Beginn des 20. Jahrhunderts kamen Uhren hinzu, die auf den Vibrationen von Kristallen basierten.

Damit lag die Basis der Zeitmessung bereits bei 1.000 bis mehreren Millionen Schwingungen pro Sekunde (ein Kilo bis mehrere Mega-Hertz). Seit den 50er Jahren gibt es Atomuhren, die im Gigahertz-Bereich schwingen, also mit mehreren Milliarden Schwingungen pro Sekunde. Heutige Cäsium-Atomuhren schaffen 9,192 Gigahertz.

In Paris wird nun an einer Uhr auf Basis von Strontium-Atomen gebaut. Damit würde die Frequenz auf 400 Terahertz steigen (400 Billionen Schwingungen pro Sekunde). "Das wäre eine Verbesserung um den Faktor 40.000", sagt Pierre Lemonde, Leiter des Projektes.

Sein Team glaubt, jetzt die Machbarkeit des Projektes bewiesen zu haben und will "sehr schnell" die Genauigkeit der bisherigen Cäsium-Atomuhren übertreffen. Letztlich könnte das irgendwann zu einer neuen Festlegung der Sekunde führen, meinen die Forscher in Paris. Denn die ist seit 1967 als 9.192.631.770 Schwingungen bei Cäsium 133 definiert.

(afp)
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