Nobelpreis für Chemie Stefan Hell bringt Zellen mit Laser zum Leuchten

Stockholm · Der Göttinger Wissenschaftler Stefan Hell sowie die US-Amerikaner Eric Betzig und William Moerner haben für Neuentwicklungen in der Lichtmikroskopie den Nobelpreis für Chemie erhalten. Hell wurde von der hohen Auszeichnung des Komitees überrascht.

 Stefan Hell steht an einem von ihm entwickelten Mikroskop STEDT (Stimulated Emission Depletion).

Stefan Hell steht an einem von ihm entwickelten Mikroskop STEDT (Stimulated Emission Depletion).

Foto: ap

Für einen exakten Blick in lebende Zellen erhalten der deutsche Forscher Stefan Hell sowie zwei US-Amerikaner den Chemie-Nobelpreis. Mit ihren Supermikroskopen lasse sich etwa beobachten, wie sich Eiweiße bei der Entstehung von Krankheiten wie Alzheimer oder Parkinson zusammenlagern, teilte die Königlich-Schwedische Akademie der Wissenschaften in Stockholm mit. Die Technik der Preisträger ermögliche es, die "innersten Geheimnisse des Lebens abzubilden".

Die ersten Theorien Hells habe anfangs in Deutschland niemand geglaubt, sagte Astrid Gräslund vom Stockholmer Nobel-Komitee. "Deshalb hat er in Deutschland keinen Job bekommen und ging nach Turku in Finnland", ergänzte sie. "Jetzt findet man seine Mikroskope auf der ganzen Welt."

Die US-Forscher Eric Betzig und William Moerner entwickelten unabhängig davon eine ähnliche Technik. Hell arbeitet am Max-Planck-Institut (MPI) für biophysikalische Chemie in Göttingen. Zudem sucht er am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg nach Wegen, seine Technik auch in der Krebsforschung einzusetzen. Alle drei Forscher erhalten den Preis für die Entwicklung der superauflösenden Fluoreszenzmikroskopie. Die höchste Auszeichnung für Chemiker ist mit rund 880 000 Euro dotiert.

Hell hat die Auszeichnung völlig überrascht. "Ich konnte es nicht glauben", sagte er nach der Bekanntgabe in Stockholm. "Glücklicherweise habe ich die Stimme von Staffan Normark wiedererkannt, deshalb habe ich realisiert, dass es wahr ist. Aber ich habe eine Weile gebraucht, es zu realisieren." Der Ständige Sekretär der schwedischen Wissenschaftsakademie hatte dem deutschen Preisträger die Nachricht am Vormittag vor der offiziellen Verkündung überbracht.

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Mehr als 100 Jahre lang war die Auflösung der Lichtmikroskopie auf natürliche Weise begrenzt. Sie konnte keine Strukturen abbilden, die kleiner waren als die Hälfte einer Wellenlänge des Lichtes - das sind 200 Nanometer. Diese Grenze wurde durch die neue Technik gesprengt. Hells Mikroskop kann winzige Untersuchungsobjekte mit Hilfe von Laserstrahlen zur Fluoreszenz anregen - sie leuchten dann selbst. Zugleich sorgt es dafür, dass die Umgebung des Objektes verdunkelt wird. Unabhängig davon entwickelten die US-Forscher eine ähnliche Technik. Moerner untersucht damit die Erbkrankheit Chorea Huntington, die zu starken Bewegungsstörungen bis hin zum Tod führt. Betzig blickt auf Zellteilungen in Embryonen.

"Die Arbeit der Preisträger hat es möglich gemacht, molekulare Prozesse in Realzeit zu verfolgen", sagte Sven Lidin, der Vorsitzende des Nobel-Komitees für Chemie. "Dies hat uns sogar die strukturellen dynamischen Veränderungen von Neuronen im Gehirn gezeigt, die während Lernprozessen stattfinden."

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Glücklich und überrascht reagierte Betzig, der deutsche Wurzeln hat und sich gerade in München aufhielt, auf die Verkündung des Preises: "Ich gucke seit einer halben Stunde auf meinen Computer, aber könnte genau so gut ins Nichts gucken. Ich bin wie gelähmt", sagte der 54-Jährige. Feiern wollte er auf bayerische Art. "Wir gehen in einen Biergarten", sagte er im Münchner Helmholtz-Zentrum.

(dpa)
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