Neue Therapieansätze für die Wundheilung Stachelmäuse können Fell nachwachsen lassen

London · Einige Mäuse in Afrika haben eine ganz besondere Überlebensstrategie: Sie opfern Haut und Haare, sobald eine Raubtier nach ihnen schnappt. Nach einem Monat ist wieder Fell über die Wunden gewachsen. Das könnte ein Vorbild für neue Therapien sein.

 Die afrikanische Stachelmaus bietet Wissenschaftlern neue Therapieansätze zur Wundheilung beim Menschen.

Die afrikanische Stachelmaus bietet Wissenschaftlern neue Therapieansätze zur Wundheilung beim Menschen.

Foto: dpa, Ashley W. Seifert

Um ihren Angreifern zu entgehen, werfen einige Stachelmäuse Teile ihrer Haut ab. Dabei können großflächige Wunden entstehen, die aber innerhalb kurzer Zeit vollständig heilen, berichten Forscher aus Kenia und den USA im Fachblatt "Nature" (Bd.
489, S. 561). Das Besondere: Die Haut der Mäuse vernarbt nicht, sondern wächst komplett mit Drüsen und Haaren nach. Möglicherweise lassen sich mit Hilfe der Stachelmäuse Wege finden, auch beim Menschen nach einer Verletzung die Neubildung von Haut und anderen Geweben anzuregen, hoffen die Wissenschaftler.

Gefahr im Verzug: Fell und Schwanz abwerfen

Von einigen Tieren ist bekannt, dass sie bei Gefahr Teile ihres Körpers abwerfen und diese dann regeneriert werden. Fachleute nennen das Autotomie. Eidechsen zum Beispiel opfern ein Stück ihres Schwanzes, um Angreifer abzulenken und zu fliehen. Der Schwanz wächst dann - wenn auch meist in verkürzter Form - nach. Auch von Stachelmäusen (Acomys) ist bereits bekannt, dass sie die Haut ihres Schwanzes abwerfen können.

Die Forscher um Ashley Seifert von der University of Florida (Gainesville/US-Staat Florida) untersuchten nun anekdotische Hinweise darauf, dass zwei afrikanische Stachelmausarten (Acomys kempi und Acomys percivali) auch am Rücken ihre Haut leicht loswerden können.

Dass diese Hinweise stimmen, stellten die Forscher gleich fest, als sie einige Exemplare in Kenia im Freiland fangen wollten: In der Hand der Wissenschaftler ließen die Stachelmäuse buchstäblich die Hüllen fallen. Große Hautflächen gingen verloren, so dass das Fleisch darunter sichtbar wurde. Weitere Untersuchungen zeigten, dass die Haut der Stachelmäuse ausgesprochen brüchig ist und sehr leicht reißt. Ihre Festigkeit ist etwa 20 Mal geringer als bei einer gewöhnlichen Hausmaus (Mus musculus). Eine Art Sollbruchstelle fanden die Forscher aber nicht.

Extrem schnelle Heilung

Die Heilung der Wunde setzte schnell ein: Schon nach einem Tag war die Wundfläche deutlich kleiner geworden. Innerhalb eines Monats war die Haut samt Haaren regeneriert - und das ohne jegliche Narben. Für die Bildung der neuen Haarfollikel hatten die Mäuse Signalwege aktiviert, die normalerweise während der Embryonalentwicklung ablaufen.

Schließlich stanzten die Forscher Löcher in die Ohrmuscheln der Stachelmäuse. Selbst diese Löcher schlossen sich sehr schnell. Es bildeten sich Haut, Talgdrüsen, Knorpel und wiederum Haarfollikel. Lediglich eine Regeneration von Muskelgewebe stellten die Forscher nicht fest. Die Vorgänge auf Zellebene ähnelten denen bei Salamandern, wie weitere Untersuchungen zeigten.

(dpa)
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