Vorhersage des Higgs-Bosons Physik-Nobelpreis für Francois Englert und Peter Higgs

Stockholm · Francois Englert und Peter W. Higgs sind mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet worden. Mit dem sogenannten Higgs-Mechanismus erklären Physiker, wie Teilchen, also die Grundbausteine der Materie, ihre Masse erhalten. Stephen Hawking hatte einst gegen Higgs' Theorie gewettet – und verloren.

Physik-Nobelpreis 2013: Reaktionen
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Foto: ap, Martial Trezzini

Francois Englert und Peter W. Higgs sind mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet worden. Mit dem sogenannten Higgs-Mechanismus erklären Physiker, wie Teilchen, also die Grundbausteine der Materie, ihre Masse erhalten. Stephen Hawking hatte einst gegen Higgs' Theorie gewettet — und verloren.

Der Nobelpreis für Physik geht in diesem Jahr an den Belgier François Englert und den Briten Peter Higgs. Bereits im Vorjahr waren die beiden heiße Anwärter. Auch dieses Jahr war spekuliert worden, dass die mögliche Entdeckung des "Gottesteilchens" Higgs-Boson durch das europäische Forschungszentrum Cern ausgezeichnet werden könnte.

Mit dem sogenannten Higgs-Mechanismus erklären Physiker, wie die Teilchen - also die Grundbausteine der Materie — ihre Masse erhalten. Der heute 84 Jahre alte Peter Higgs hatte das Higgs-Boson 1964 vorhergesagt. Fast zeitgleich hatten es auch andere Physiker postuliert. Etwa 50 Jahre mussten sie warten, bis der Beweis für die These angetreten werden konnte. In diesem Jahr endlich bekommt Higgs den Physik-Nobelpreis gemeinsam mit dem Belgier François Englert für die Prognose des Higgs-Teilchen.

"Still genießend" soll Higgs die Nachricht zu Kenntnis genommen haben, die Ende 2011 aus dem Schweizer Kernforschungszentrum Cern zu ihm drang. Seine Kollegen in Genf hatten ein Teilchen nachgewiesen, bei dem es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um das Higgs-Teilchen handelte. Als etwa ein halbes Jahr später tatsächlich die Existenz eines Teilchens mit den entsprechenden Eigenschaften bei einem spannungsgeladenen, öffentlichen Seminar verkündet wurde, musste sich Higgs ein paar Tränen aus den Augen wischen. Auf dem Flug nach Hause, vertraute er in einem Interview der Öffentlichkeit an, habe er sich eine Dose "London Pride" gegönnt — ein englisches Ale, das für kontinentaleuropäische Gaumen ein wenig fahl daherkommt.

Das Puzzlestück im Standardmodell der Materie

Das Higgs-Teilchens gilt als eine der größten Entdeckungen in den vergangenen 50 Jahren. Es war das fehlende Puzzlestück im Standardmodell vom Aufbau der Materie.

Higgs war als junger Forscher an der Universität in Edinburgh tätig, als ihm seine revolutionäre "Eingebung" kam. Während einer Wanderung in den Bergen des schottischen Hochlands sei er dem Teilchen auf die Spur gekommen. Nicht sofort wurde ihm Glauben geschenkt. Sein erster Aufsatz zum Thema wurde in den vom Cern herausgegebenen "Physics Letters" nicht einmal abgedruckt. Später gab das Cern Milliardenbeträge aus, um die Higgs-Theorie zu verifizieren.

Stephen Hawking verlor seine Wette

Der überarbeitete Aufsatz wurde schließlich 1964 im Konkurrenzblatt "Physical Review Letters" veröffentlicht. Aber die Fachwelt zweifelte weiter, so auch der Physiker Stephen Hawking. Er schloss sogar eine Wette dagegen ab. Später musste Hawking zugeben, dass er 100 Dollar verloren habe.

Der Begriff "Gottesteilchen" war Higgs stets zuwider. Den Namen hat 1993 ein Verleger geprägt. Der Physik-Nobelpreisträger Leon Lederman wollte ein Buch unter dem Titel "Das gottverdammte Teilchen" veröffentlichen — sein Verleger setzte aber den Titel "Gottesteilchen" durch. Warum mag Higgs das Wort "Gottesteilchen" nicht? "Erstens bin ich Atheist", sagte er der BBC. "Zweitens ist mir bewusst, dass der Name als Witz gemeint war — und zwar kein besonders guter, wie ich finde."

"Manchmal ist es nett, recht zu haben"

Higgs' Arbeit ist kompliziert. 1993 bot der damalige britische Wissenschaftsminister William Waldegrave eine Flasche Champagner für jeden, der auf einem einzigen Blatt die Erkenntnisse erklären könne.

Bezüglich seiner Entdeckung blieb der zweifache Vater Higgs stets bescheiden. "Ich dachte nicht, dass es Zeit meines Lebens noch passiert", sagte er jüngst dem Fachblatt "New Scientist". Die Lage habe sich geändert, als die großen Teilchenbeschleuniger gebaut wurden. "Manchmal ist es nett, recht zu haben", fügte er hinzu.

Bekanntgabe verzögerte sich um eine Stunde

Der Preisträger des diesjährigen Nobelpreises für Physik sollte am Dienstag um 11.45 Uhr bekannt gegeben werden. Doch das Komittee machte es besonders spannend - die Verkündung verzögerte sich immer weiter. War zunächst von 12.30 Uhr die Rede, so wurde kurz darauf über den Kurznachrichtendienst Twitter bekannt gegeben, dass der Name des Physiknobelpreisträgers nicht vor 12.45 Uhr veröffentlicht wird:

COMING UP: additional 15 minute delay, earliest 12:45 pm CET, 2013 #NobelPrize in Physics

Ein Grund für die Verschiebung wurde nicht angegeben. Die Akademie stimmt erst kurz vor der Bekanntgabe der Preisträger über den Vorschlag des Komitees ab. Eine Verzögerung der Bekanntgabe der Preisträger ist daher nicht ungewöhnlich.

Der Physik-Nobelpreis wird seit 1901 vergeben. Die erste Auszeichnung erhielt der deutsche Physiker Wilhelm Conrad Röntgen für die Entdeckung der "X-Strahlen", der später nach ihm benannten Röntgenstrahlen.

Im vergangenen Jahr erhielten Serge Haroche aus Frankreich und David Wineland aus den USA den Physiknobelpreis für Fallen, mit denen sich geladene Teilchen (Ionen) und Licht (Photonen) einfangen lassen. Sie schufen damit die Grundlagen für genauere Uhren und grundsätzlich neue Computer.

Der Nobelpreis für Medizin wurde am Montag bereits dem gebürtigen deutschen Neurochemiker Thomas Südhof zuerkannt. Er teilt sich die Auszeichnung für Arbeiten zum Transportsystem in Zellen mit den US-Forschern James Rothman und Randy Schekman.

Auf die Bekanntgabe der Physikpreisträger folgt morgen (Mittwoch, frühestens 11.45 Uhr) die Zuerkennung in Chemie. Die Nobelpreise sind mit je 8 Millionen schwedischen Kronen (rund 920.000 Euro) dotiert. Verliehen werden die begehrten Auszeichnungen traditionell am 10. Dezember, dem Todestag ihres Stifters, des schwedischen Dynamit-Erfinders Alfred Nobel.

(dpa/jre/afp)
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