Plasmaphysiker halten Lichtbälle für möglich Kugelblitze gibt es wirklich

Berlin/Tel Aviv/Amsterdam (RPO). Es sind glühende Lichtbälle, die auf ihrem Flug alles zerstören, was ihnen in den Weg kommt: Seit Jahrhunderten ranken sich viele Legenden um Kugelblitze. Und doch halten es Plasmaphysiker heute für möglich, dass das Phänomen keine reine Sinnestäuschung ist.

Unwetterfotos vom Niederrhein
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Foto- und Videobeweise aus freier Natur sind zwar ausgesprochen selten. Aber in zahlreichen Laboren konnten schon künstliche Kugelblitze für kurze Zeit erzeugt werden.

Spektakulär sind die Kugelblitz-Versuche, die die Gruppe um Gerd Fußmann, emeritierter Professor der Humboldt Universität Berlin, vor wenigen Jahren präsentierte. In einem mit Wasser gefüllten Gefäß brachten sie Spannungen von bis zu 5.000 Volt zur Entladung. Dabei entstanden für einige Sekunden kugelförmige Leuchtphänomene, die die Forscher auch im Video festhalten konnten.

Vor fünf Jahren veröffentlichten israelische Forscher von der Universtität Tel Aviv sogar eine Bauanleitung für einen weiteren Kugelblitzgenerator in der renommierten Fachzeitschrift "Physical Review Letters".

Feuerbälle wie heiße Quallen

"Diese Feuerbälle sehen aus wie heiße Quallen, die sich zitternd durch die Luft bewegen", beschrieb der israelische Wissenschaftler Eli Jerby seine Beobachtungen. Mit seinem Kollegen Valdimir Dikhtyar griff Jerby zu Mikrowellen, um einen heißen Tropfen aus einem schmelzbaren Gemisch aus Glas, Silizium, Germanium und Aluminiumoxid zu erzeugen.

Die 600-Watt-Leistung des Mikrowellengenerators eines handelsüblichen Haushaltsgerätes konzentrierten sie auf den Raum von der Größe eines klassischen Spielwürfels. Der dabei entstandene Feuerball aus verdampfenden Partikeln erreichte allerdings nur eine Größe von drei Zentimetern. Das Lichtphänomen währte mit wenigen tausendstel Sekunden deutlich kürzer als in den Versuchen in Berlin.

Vergleichbare Prozesse können auch in der Natur ablaufen. "Ein Gewitter zumindest in der näheren Umgebung ist notwendig", sagt Ute Ebert, Plasmaphysikerin am Centrum Wiskunde & Informatica in Amsterdam. So könnte ein Kugelblitz beim Einschlag eines normalen Blitzes beispielsweise in einem sandigen Boden erzeugt werden. Winzige Materialpartikel würden dabei elektrisch geladen, ionisiert und hochgeschleudert.

Das Ergebnis: ein so genanntes Plasma. Unter bestimmten Umständen, die bisher noch nicht abschließend geklärt werden konnten, ballt sich dieses Plasma für den Bruchteil einer Sekunde zu einem leuchtenden Kugelblitz zusammen.

Andere Theorien gehen davon aus, dass sogar elektrische Ladungen in einer gewittrigen Atmosphäre ausreichen, um beispielsweise über Wasserflächen die Bildung eines Kugelblitzes zu ermöglichen.

Auch wenn die Erzeugungsprozesse für Kugelblitze noch diskutiert werden, sind sich Wissenschaftler, die sich näher mit diesem Phänomen beschäftigen, einig: Kugelblitze sind kein mystisches Legendengebilde, sondern können in freier Natur sehr wohl entstehen - wenn auch ausgesprochen selten.

(DAPD/pes-)
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