Erstaunliche Technik Kontaktlinse wird zum Display

Seattle (RPO). US-Forscher wollen das Jammern über zu kleine Handy-Bildschirme durch eine raffinierte Sehfeld-Erweiterung beenden: Sie haben in eine Kontaktlinse ein winziges Display aus Leuchtdioden eingebaut, das Bilder und Texte von mobilen Geräten direkt ins Auge projiziert.

Seinen Strom bezieht der unauffällige Bildschirm über Radiowellen, die von einer Schleifenantenne in der durchsichtigen Linse empfangen werden. Die Hightech-Kontaktlinse macht auch Minibildschirmen Konkurrenz, die beispielsweise Piloten, Servicetechniker oder Computerspieler wie eine Brille am Kopf tragen: Diese sogenannten Head-Mounted Displays sind deutlich unhandlicher. Das Team um Babak Parviz von der University of Washington in Seattle wird nach einem Bericht des Wissenschaftsmagazins New Scientist seinen Prototypen Ende November auf der Biomedical Circuits and Systems Conference in Peking vorstellen.

Die Display-Kontaktlinse durchbricht eine grundlegende Beschränkung mobiler Informationssysteme: Die Augen-LEDs bilden nämlich deutlich mehr Inhalte ab und nutzen dabei das ganze Sehfeld des Menschen aus. "Wir werden damit große Bilder erzeugen, die in 50 bis 100 Zentimeter Abstand vor dem Auge schweben", kündigt der Nanotechnik-Spezialist Parviz an. Getestet wurde der Prototyp bereits an einem Kaninchen.

Um die Elektronik in die Kontaktlinse zu integrieren, mussten die Forscher tricksen, denn Kunststoffe vertragen sich nicht mit den Chemikalien und den hohen Temperaturen, die bei der Herstellung von Schaltkreisen verwendet werden. Deshalb wurden die Dioden und Antennen separat gefertigt und dann in feine Rillen der Linse eingesetzt. Nun will Parviz noch die Informations- und Stromanlieferung für das Display verbessern: "Künftig soll ein Handy mit den Informationen auch gleich die Energie mitliefern."

Profitieren wird von den Forschungen das riesige Anwendungsfeld der sogenannten erweiterten Realität, bei der das Sichtfeld von hilfreichen Informationen überblendet wird - seien es Navigationspfeile, Beschreibungen von Gebäuden, grafische Bedienanleitungen oder auch Übersetzungen von Sprachen. "Eine Kontaktlinse, die virtuelle Grafiken nahtlos in die reale Welt einfügt, bedeutet einen gewaltigen Fortschritt", bewertet der Augmented-Reality-Experte Mark Billinghurst von der University of Canterbury in Neuseeland das Potenzial der Mikromechanik. "Dieser Prototyp ist der erste wichtige Schritt in diese Richtung, obschon es bis zur Kommerzialisierung dieser Idee noch Jahre brauchen wird."

(DDP/felt)
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