Mit Massagekleid und beleuchtetem Bikini in die Zukunft Forscher entwickeln intelligente Kleidung

Hamburg (rpo). Abendkleider mit Massagefunktion, geruchsneutrale Socken, "Vitamin-C-T-Shirts" oder beleuchtete Bikinis könnten schon bald in vielen Kleiderschränken hängen. Denn solche High-Tech-Textilien existieren bereits als Prototypen.

In zahlreichen Laboren der Republik forschen Wissenschaftler an so genannter intelligenter Kleidung, an High-Tech-Fasern oder an einer optimalen Verbindung von Technik und Stoff.

"Einige solcher Erfindungen sind für den Massenverbrauch sicher nur bedingt geeignet", sagt Professor Hartmut Rödel vom Institut für Textil- und Bekleidungstechnik der Technischen Universität Dresden. Der wohl eher als modischer Gag gedachte Badeanzug mit Leuchtdioden etwa zähle vermutlich zur Kategorie "reine Geschmackssache". Die praktische Anwendung einer Socke gegen Fußgeruch aber liege auf der Hand. Ihre eingewobenen Silberfäden beseitigen die den Duft verursachenden Bakterien.

Aber auch das Massagekleid ist durchaus wegweisend für die textile Zukunft. Das betont Isa Hofmann, Leiterin der Frankfurter Messe für innovative Bekleidung, avantex. Die Trägerin des Kleides kann per Knopfdruck die kleinen, elektronisch gesteuerten Massage-Kissen zur sanften Rückenmassage aktivieren. Neben der angenehmen Abwechslung bei langweiligen Stehpartys ist auch ein Einsatz in der Medizin denkbar. "Menschen mit Bandscheiben-Problemen könnte mit dieser Technik langes Sitzen erleichtert werden." Für ihre Idee erhielt die Schöpferin des "JoyDress", Alexandra Fede, den avantex Innovationspreis 2002.

"Dieser Trend zur kleidungsintegrierten Technik ist schon häufig in Produkten umgesetzt", sagt Rödel. So sind Rucksäcke mit textilen Bildschirmen, Jacken mit integrierten Handys oder MP3-Playern längst keine Fantasieprodukte mehr. Mit Tasten auf der Kleidung können die Geräte bedient werden. Ihr Nachteil: Ohne Jacke gibt es weder Musik noch Telefongespräche. "Solche Technik ist im Arbeitsschutz oder der Medizin aber sehr interessant", betont Rödel. Kleine Sensoren in der Kleidung von Feuerwehrleuten können der Einsatzzentrale den genauen Standort sowie Daten über Puls oder Blutdruck übermitteln. Solche "Life-Shirts" seien auch für kranke oder alte Menschen nützlich.

Ebenfalls für die Medizin forschen viele Wissenschaftler derzeit an Verfahren, mit denen Medikamente oder Vitamine von der Kleidung auf ihren Träger übertragen werden können. Dazu werden auf den Stoff spezielle Zuckermoleküle, so genannten Cyclodextrine, aufgebracht und fest mit den Fasern verbunden. In die Hohlräume der Moleküle kommen dann Substanzen, die später schrittweise ihre Verpackung verlassen. Diese Entdeckung ist auch eine Etappe auf dem Weg zum "Hemd mit eingebautem Deo". Denn statt Arzneien könnten auch Duftstoffe eingebracht werden - oder die Moleküle saugen Schweiß bildende Substanzen auf.

Bereits heute gibt es Kleidung mit "Phase Change Materials". Diese ändern je nach Temperatur ihren Aggregatszustand und setzten dabei Wärme frei oder speichern sie, wie Heinrich Planck, Direktor des Instituts für Textil- und Verfahrenstechnik in Denkendorf bei Stuttgart, berichtet. Diese Substanzen, etwa Paraffin, sind in Mikrokapseln eingeschlossen und unter anderem in Winterjacken integriert. Schwitzt der Jackenträger, verflüssigen sich die Kugeln und nehmen die ausgestrahlte Wärme auf. Bei Kälte verfestigt sich die Substanz und gibt die Wärme wieder ab.

Trotz der Fortschritte bei der Suche nach neuartigen Jacken, Hosen oder Kleidern gibt es jedoch immer einen unumstößlichen Punkt: Die textilen Eigenschaften müssen erhalten bleiben, wie Hofmann, Rödel und Planck betonen. Auch mit neuen Materialien oder integrierter Technik müsse die Bekleidung von den Menschen noch getragen werden können. Zudem werden die Forschungen vermutlich nicht dazu führen, dass bereits verwendete Materialien vollstandig verdrängt werden, sagt Planck. "Das Baumwollhemd wird es auch weiterhin geben."

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