Ein Patent alle neun Minuten Deutsche Erfinder weltweit vorn

Düsseldorf (RP). Alle neun Minuten wird in Deutschland ein Patent angemeldet. Würde das Patentamt in München alle Anträge eines Jahres aneinanderlegen, hätten die Akten eine Gesamtlänge von mehr als 20 Kilometern. Wir stellen die besten Erfindungen der letzten Jahre vor.

Was die Deutschen alles erfinden
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Was die Deutschen alles erfinden

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Am Anfang ist es nicht mehr als eine Idee oder die vage Ahnung einer Lösung — nicht mehr als etwas Mögliches, aus dem dann etwas Machbares wird: die Erfindung. Traditionell werden in Deutschland viele Ideen geboren. So auch im Jahr 2008. Wie das Deutsche Patentamt mitteilt, bewegte sich die Zahl der Neu-Anmeldungen auf konstant hohem Niveau. Rund 60 000 Mal bescheinigte es Erfindern eine innovative Idee. Etwa zehn Prozent davon gehen auf das Konto von Privatpersonen. Den Großteil aber meldeten die Patentabteilungen der Unternehmen an. Als besonders erfinderisch erweist sich dabei traditionell Baden-Württemberg, gefolgt von Bayern und Nordrhein-Westfalen. Hier eine kleine Auswahl des erfolgreichen, deutschen Erfindungsgeistes:

Riesenbohrer

Sie heißen Gabi, Sissi, Heidi, Marion oder Inken, sie sind riesengroß, und sie bohren sich durch das härteste Gestein. Der Ingenieur Martin Herrenknecht aus Baden-Württemberg entwickelt und baut Tunnelbohrmaschinen mit bis zu 16 Metern Durchmesser, mehreren hundert Tonnen Gewicht und einigen tausend Pferdestärken. Es sind solche Kolosse, die die mit 57 Kilometern längste "Verkehrsröhre" der Welt möglich machen — den Gotthardtunnel. Aber auch im Nahen Osten, Asien und Nordamerika wühlen sich die "Herrenknechte" durch das Erdreich — für Auto- und Bahntunnel, Abwasserrohre, Öl- und Gaspipelines.

Mit Bauklötzen begreifen

Karl-Werner Schmitz aus Much entwirft Bauklötze. Nicht zum Spielen, sondern zum Begreifen: Zieht man den Bauklotz mit der Aufschrift "Arbeitskraft" unter dem Holzhäuschen hervor, stürzt es ein. Die anderen Holzelemente mit Aufdrucken wie "Hypothek" oder "Eigenkapital" können es nicht alleine halten. Dafür aber gibt es noch den Baustein "Lebensversicherung". Mit so einfachen Mitteln kann der Versicherungskaufmann jedem die schwierigen Zusammenhänge zwischen Markt und Altersabsicherung verständlich machen. Eine Idee, die mittlerweile Schule gemacht hat — und sich auf viele komplexe Sachverhalte ausweiten lässt. Damit sie begreifbar werden.

Flügelboote

Der "Seafalcon" (Seefalke) fliegt, aber er ist kein Flugzeug. Er hat Flügel, ein Leitwerk und ein Cockpit, aber er ist ein Boot. Mit bis zu 150 Kilometern pro Stunde soll der Prototyp über der Wasseroberfläche gleiten und nutzt dabei einen physikalischen Effekt: in Bodennähe wächst der Überdruck unter dem Flügel und verstärkt so den Auftrieb. Das Rostocker Unternehmen Meerestechnik Engineering GmbH hat den "Seafalcon" entwickelt, der nun Asien erobern soll. Indonesiens Inselwelt könnte den Anfang machen. Schließlich ist der Seefalke fünf Mal schneller als die derzeit eingesetzten Schiffe und kommt damit nahe an ein Flugzeug ran. Das Flügelboot benötigt indes keine Start- oder Landebahn, sondern kann direkt von der Kaikante ablegen. Auch die Ostsee ist ein ideales Revier für den "Seafalcon". Aufgrund der kurzen Entfernungen zwischen den Küstenstädten, die nicht alle einen Flugplatz haben.

Trockenes Wasser

Um aus einem 0,2-Liter-Glas Wasser ein Pulver zu machen, reichen zehn Gramm "Aerosil 812 S": Ein weißes Silizium-Puder, das das Chemieunternehmen Degussa entwickelt hat. Der Stoff saugt das Wasser auf und speichert es — ohne dabei selbst feucht zu werden. Die Erfindung gibt es schon länger, war aber lange Zeit nur eine Kuriosität aus dem Chemie-Baukasten. Doch nun hat die Kosmetik-Industrie das Potenzial erkannt. So gibt es ein Aerosil-Haarpulver, das wie ein Gel Halt gibt, die Strähnen aber nicht feucht aussehen lässt. Auch Brandschutz-Experten haben schon Interesse angemeldet.

Baby-Body gegen Kindstod

Von außen sieht der Baby-Body aus wie jeder andere. Doch kaum spürbare Sensoren messen die Herz- und Atemtätigkeit sowie Temperatur und Schweißproduktion des Babys. Die Daten werden an einen Computer übertragen. Bei kritischen Werten schlägt das System Alarm. Entwickelt wurde der textile Schutzengel für Kinder mit Atemwegserkrankungen, Nervenstörungen und Herzbeschwerden von Professor Heinrich Planck am Institut für Textil- und Verfahrenstechnik im baden-württembergischen Denkendorf. Die ersten Prototypen sind an der Universitätsklinik in Tübingen erfolgreich erprobt worden. Eine Weiterentwicklung des Systems für Senioren oder chronisch Kranke ist angedacht.

Gedruckte Chipkarte auf Papier

Handy- und Computer-Tastaturen sind in zehn Jahren federleicht und können einfach ausgedruckt werden. Auch Kleidung und Verpackungen sollen so mit elektronischer Intelligenz ausgestattet werden. Mehrere deutsche Unternehmen arbeiten bereits an der neuen variablen Form der Elektronik, die Chipkarten mit Speicher und Fingerabdruckscanner erlaubt. Oder eine gedruckte Tastatur, bei der eine leichte Berührung ausreicht, um die entsprechende Funktion auszulösen — zu Kosten, die deutlich unter dem Niveau der klassischen Elektronik liegen. Experten sagen für den Markt bis zum Jahr 2015 einen Umsatz von 30 Milliarden Euro vorher.

(RP)
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