Gehirnströme steuern neues Videospiel Der Computer lernt Gedanken lesen

San Francisco (RPO). Es klingt schwer nach Science Fiction - und auch ein bisschen bedrohlich: Nicht die Tastatur, die Maus oder der Joystick steuern, was auf dem Computerbildschirm passiert, sondern unsere Gedanken.

 "Die alte Fantasievorstellung, Gegenstände allein mit Gedanken bewegen zu können, wird wahr."

"Die alte Fantasievorstellung, Gegenstände allein mit Gedanken bewegen zu können, wird wahr."

Foto: Emotiv, AFP

Doch in San Francisco ist diese Idee bereits Realität. Tan Le, der Mitbegründer des High-Tech-Unternehmens Emotiv, zeigt, wie es geht. Er setzt sich eine Art breiten Kopfhörer auf, aus dem Sensoren ragen, die den Kopf wie Tentakel umschließen. Diese Sensoren registrieren elektrische Signale des Gehirns und wandeln sie in Computerbefehle um.

"Es gibt einen direkten Zusammenhang zwischen den Gedanken und dem, was auf dem Bildschirm passiert", sagt Le. "Die alte Fantasievorstellung, Gegenstände allein mit Gedanken bewegen zu können, wird wahr." Und es funktioniert tatsächlich. Nach einem kurzen Training reicht ein Gedanke, um Objekte auf dem Monitor zu drehen, in eine bestimmte Richtung zu ziehen oder verschwinden zu lassen. Auch Stimmungen und Gesichtsausdrücke kann das neue Gerät erkennen.

"Nur die Spitze des Eisbergs dessen, was möglich ist"

Das Steuerungsgerät heißt EPOC und verbindet Erkenntnisse der Neurowissenschaft mit Computertechnologie. Die Idee dazu sei ihm bei einem Abendessen vor fünf Jahren gekommen, als er sich über Gehirn und Technologie unterhalten habe, erzählt der Australier Le. Er ist überzeugt davon, erst am Anfang einer Entwicklung zu stehen: "Was wir jetzt haben, ist nur die Spitze des Eisbergs dessen, was möglich ist."

Zunächst richtet sich EPOC an Videospieler, die damit die Figuren auf dem Bildschirm bewegen. Noch rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft will die Firma ihren futuristischen Helm zusammen mit einem Videospiel verkaufen - für 299 Dollar (190 Euro). In dem Fantasy-Spiel verlangt ein asiatischer Meister seinen Schülern Übungen ab, bei denen sie beispielsweise mit ihren Gedanken Berge versetzen müssen.

"Spieler sind mit die ersten, die sich für neue Technologien interessieren, und Kontrolle durch Gedanken ist ihre ultimative Fantasie", sagt Le. Doch Spieler sind bei weitem nicht die einzige Zielgruppe, die Les Firma im Visier hat. Mögliche Einsatzbereiche seien "alle Gebiete, in denen sich Mensch und Computer begegnen", erläutert der Unternehmer. 500 Firmen hätten bereits Interesse gezeigt.

"Ein ziemlich genauer Lügendetektor"

In der Medizin könnten Schlaganfall- oder Komapatienten von der neuen Entwicklung profitieren, die ihnen Möglichkeiten der Kommunikation eröffnet. Beim Musikhören könnte EPOC die Lieder automatisch sortieren, je nachdem, ob sie den Hörer fröhlich oder traurig machen, aufregen oder langweilen.

Auch Strafverfolgungsbehörden sind bereits auf die Erfindung aufmerksam geworden - sie versprechen sich Aufschluss darüber, was in den Köpfen von Verdächtigen vorgeht. "EPOC kann sicher als ein ziemlich genauer Lügendetektor eingesetzt werden", ist Le überzeugt. "Wenn man zum Beispiel etwas schon mal gesehen hat, dann kann man das nicht verbergen. Das Gehirn erinnert sich."

(afp)
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