Fast vergessene Geschichte der Bewohner wird erforscht Forscher suchen nach Sklavenschiff in der Karibik

San Juan/Puerto Rico (rpo). "Woher kommen wir?" Diese Frage stellen sich die Bewohner der karibischen Turks- und Caicos-Inseln schon lange. Forscher wollen dieser Frage nun auf den Grund gehen - im wahrsten Sinne des Wortes.

<P>San Juan/Puerto Rico (rpo). "Woher kommen wir?" Diese Frage stellen sich die Bewohner der karibischen Turks- und Caicos-Inseln schon lange. Forscher wollen dieser Frage nun auf den Grund gehen - im wahrsten Sinne des Wortes.

Vage Überlieferungen deuten darauf hin, dass ihre Vorfahren ursprünglich als Sklaven mit einem spanischen Schiff aus Afrika kamen, das aber kurz vor der Küste zerschellte. Nachdem Wissenschaftler vor zehn Jahren begonnen hatten, die Erzählungen zu erforschen, macht sich eine Gruppe von Archäologen und Tauchern am 28. August auf die Suche nach dem Schiff.

"Die Geschichte dieser Menschen ist nirgendwo in einem Stück zu finden", sagt der amerikanische Archäologe Donald Keith, der 1993 erste Hinweise auf das verschollene Wrack entdeckte. "Es sind kleine Mosaikstückchen, die zusammengesetzt werden müssen." Mit Hilfe von alten Aufzeichnungen aus Großbritannien, Kuba, Jamaika, den Bahamas und den USA haben Wissenschaftler seitdem die Ereignisse rekonstruiert.

Auf seinem Weg von Afrika nach Kuba soll das spanische Sklavenschiff "Trovador" - in einschlägigen Dokumenten auch als "Trouvadore" registriert - 1841 vor der Ostküste der zu Großbritannien gehörenden Turks- und Caicos-Inseln gesunken sein. Die 193 Sklaven an Bord retteten sich alle an Land, nur eine Frau wurde von der Schiffsbesatzung erschossen. Weil Großbritannien sieben Jahre zuvor die Sklaverei abgeschafft hatte, kamen die Afrikaner nach einem kurzen Gefängnisaufenthalt frei - und begannen damit ein neues Leben.

Die spanischen und portugiesischen Besatzungsmitglieder des Schiffes wurden nach Kuba abgeschoben. Einige der Afrikaner wiederum siedelten sich auf den weiter nordwestlich gelegenen Bahamas an. Doch 168 von ihnen blieben auf den Turks- und Caicos-Inseln. Für die damals 2.300 Einwohner der Inselgruppe war dies ein Bevölkerungszuwachs von sieben Prozent.

Endlich eine Geschichte haben

Eben deshalb ist die Suche nach dem spanischen Schiff für die Menschen dort so wichtig: Praktisch alle Einheimischen der heute rund 25.000 Bewohner sind direkt oder indirekt mit den Sklaven von 1841 verwandt, vermuten die Forscher. Damit hätten sie endlich auch eine Vergangenheit und eine Geschichte.

Zwei Wochen lang sollen Taucher das siebeneinhalb Quadratkilometer große Küstengebiet vor Ost-Caicos durchkämmen, in dem die Wissenschaftler das Wrack vermuten.

"Wir sind sehr zuversichtlich, dass wir es finden, denn alle Unterlagen deuten auf einen ganz bestimmten Ort", sagt der britische Archäologe Nigel Sadler, Direktor des Nationalmuseums der Inselgruppe. Außerdem hoffen die Forscher, bei dem 65.000 Euro teuren Projekt auch metallene Überreste der Fesseln zu finden, mit denen die Sklaven an das Schiff gekettet waren.

Woher genau die Afrikaner stammten, ist weitgehend unklar. Hinweise gibt es trotzdem: Nach ihrer Befreiung gründeten sie 1842 die Siedlung Bambarra. Noch heute leben dort mehrere Dutzend Menschen. Auch im westafrikanischen Mali und dem Tschad in Zentralafrika gibt es Städte mit diesem Namen. Von dort könnten die Überlebenden des Schiffbruchs aufgebrochen sein, bevor die Inselgruppe im Nordatlantik zu ihrer neuen Heimat wurde.

(ap)
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