Erste Rücktritte nach Erdbeben-Urteil

L'aquila Enzo Boschi kennen die Italiener aus dem Fernsehen als Autorität. Immer, wenn in den vergangenen Jahren ein Erdbeben die Apenninenhalbinsel heimsuchte, gab der 60 Jahre alte Gründer des Nationalen Instituts für Geophysik und Vulkanologie Auskunft. Doch jetzt ist seine Stimme weinerlich. "Ich bin niedergeschlagen und verzweifelt", sagte er nach dem Urteil eines Richters in der Regionshauptstadt L'Aquila: Boschi und sechs andere Mitglieder einer Risikokommission des italienischen Zivilschutzes wurden zu sechs Jahren Haft wegen fahrlässiger Tötung verurteilt, weil sie 2009 nicht ausreichend vor einem Erdbeben gewarnt haben sollen, das 309 Menschen tötete. Ihre Verteidiger legten Berufung ein.

In Italien hat das Urteil für Unverständnis gesorgt. Sogar Senatspräsident Renato Schifani äußerte sich: "Ein seltsames und heikles Urteil", sagte er. "Wer in Zukunft derartige Ämter bekleiden soll, wird sich weigern."

Einen Tag nach dem Urteil haben vier weitere Katastrophenexperten ihr Amt niedergelegt. Der Präsident der italienischen Kommission zur Vorhersage großer Risiken, Lucinao Maiani, sagte, die Verurteilung der Kollegen mache es unmöglich, "ruhig und effizient" zu arbeiten. Neben Maiani traten zwei weitere Mitglieder des Gremiums sowie ein ranghoher Vertreter des Katastrophenschutzes zurück

(RP)
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