Studie Eltern lesen zu wenig vor

Berlin (RP). Gemütlich mit Mama oder Papa auf dem Sofa kuscheln und Geschichten aus Büchern zu hören, ist längst nicht für alle Kinder selbstverständlich. Mehr als jedes dritte Kind in Deutschland bekommt nicht vorgelesen, wie aus einer Studie der Stiftung Lesen, der Deutschen Bahn und der Wochenzeitung Die Zeit hervorgeht.

 Feste Rituale am Abend helfen Kindern, besser einzuschlafen.

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Foto: Techniker Krankenkasse

Für die Studie waren 875 Kinder im Alter zwischen vier und elf Jahren befragt worden. Im Jahr zuvor hatte die Stiftung Mütter und Väter befragt. Zwischen den Eltern und ihren Sprösslingen gebe es einen "deutlichen Wahrnehmungsunterschied", betonte Ralf Klein-Bölting von der Deutschen Bahn. Während nur 18 Prozent der Eltern angaben, sie würden nicht vorlesen, beklagten dies 37 Prozent der Kinder. Dabei gilt die Vorlesestunde als wichtige Grundlage für die spätere Bildung. Vorlesen fördert das Sprachvermögen der Kinder, und nach einem Wort Goethes ist "Vorlesen die Mutter des Lesens". Das eigenständige Lesen wiederum ist Grundlage für Erfolg in der Schule und dafür, sich selbst Bildung anzueignen.

Bildung, Einkommen und soziale Herkunft der Eltern spielen nur eine geringe Rolle: So greifen 66 Prozent der Eltern mit Hochschulreife zu Vorlesebüchern. Bei den Müttern und Vätern mit Hauptschulabschluss sind es 60 Prozent.

In den meisten Fällen sind es die Mütter (64 Prozent), die sich Zeit fürs Vorlesen nehmen. Bei den ganztags berufstätigen Müttern ist die Zeit deutlich knapper. Nur 57 Prozent lesen ihren Kindern regelmäßig vor. Doch die berufstätigen Mütter sind immer noch deutlich eifriger als die Väter: Nur acht Prozent greifen regelmäßig zu Kinderbüchern. "Vorlese-Väter werden dringend gesucht", sagte Klein-Bölting. In einer weiteren Studie will die Stiftung Lesen ermitteln, was die Väter vom Vorlesen abhält. Nach Ansicht der Experten brauchen die Jungen mehr lesende Vorbilder. Denn die Jungen fordern die Vorlese-Geschichten seltener ein. So wünschen sich nur 21 Prozent der sechsjährigen Jungen, dass ihnen jemand vorliest, während 44 Prozent der Mädchen dies gerne hätten.

Grundsätzlich gilt: Je älter die Kinder werden, desto seltener hören sie Geschichten. Bei den Vorschulkindern sind es knapp 90 Prozent. Nach der Einschulung nehmen die gemeinsamen Schmökerstunden mit den Erwachsenen rapide ab. Von den Acht- bis Neunjährigen bekommen nur noch 59 Prozent vorgelesen. Die Nachfrage bei den Kindern sinkt aber erst mit etwa zehn Jahren. Die Eltern schätzen die Bedürfnisse häufig falsch ein. Während 35 Prozent der Mütter und Väter von Schulkindern meinen, ihre Sprösslinge seien zu alt zum Vorlesen, sind nur drei Prozent der befragten Schulkinder der Ansicht, dass Vorlesen nur etwas für Kleine sei.

Die Stiftung Lesen veranstaltet am 20. November bundesweit einen Vorlesetag. Prominente lesen in Schulen, Kindergärten, Heimen und Bibliotheken. Weitere Informationen zu allen Terminen unter www.StiftungLesen.de.

(RP)
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