Sprechstunde Thomas Wallny Ein Register für Hüft- und Kniegelenke

Statistische Erfassung neuer Endoprothesen macht Funktionsfähigkeit und Qualität transparent.

Unser Leser Wilhelm B., (75 ) aus Krefeld fragt: "Bei mir wird im April ein künstliches Kniegelenk eingebaut. Die Ärzte der Klinik wollen das Kunstgelenk über viele Jahre in einem Register erfassen. Was ist davon zu halten?"

Thomas wallny Knapp 400 000 Patienten in unserem Land bekommen künstliche Hüft- und Kniegelenke pro Jahr. Knapp zehn Prozent davon müssen jährlich gewechselt werden. Das kostet die Krankenversicherungen mehrere Milliarden Euro. Da das Alter der mit einer Endoprothese versorgten Patienten kontinuierlich sinkt, wird die langfristige Funktion der Kunstgelenke immer wichtiger. Andererseits gibt es stetig neue Modelle, die viel versprechen, aber nicht immer auf Dauer halten. Mit einer neuen Prothese ist es wie mit einem neuen Automodell: Sie sind "Testfahrer" und müssen mit den möglichen anfänglichen Schwächen leben, wenn Sie ein neues Modell wünschen. Die Rückrufe einzelner Hersteller bedingen im Einzelfall großes Patientenleid. Nicht nur deshalb gibt es seit Ende 2012 in Deutschland nach langen Jahren der Diskussion zwischen Kostenträgern, Krankenhäusern, Fachgesellschaften und Datenschützern endlich ein Register, in dem möglichst alle hier implantierten Kunstgelenke von Knie und Hüfte erfasst werden sollen. Anonymisiert werden sowohl der Zeitpunkt des Einbaus als auch der Wechsel oder die Entfernung der Prothese erfasst. Somit kann erstmals die langfristige Funktion von verschiedenen Implantaten und die langfristige Qualität von Leistungsanbietern überprüft werden. Durch frühzeitige Erkennung von Produktversagen wird die Qualität bei Implantation von Endoprothesen verbessert und die Patientensicherheit erhöht. Zur Zeit beteiligen sich 40 Kliniken in Deutschland am Probebetrieb, der Regelbetrieb wird für den Frühsommer erwartet. Die Teilnahme am Register ist freiwillig. Wenn ein Patient teilnehmen will, benötigt das behandelnde Krankenhaus sein Einverständnis. Danach wird ein Datensatz mit den implantierten Prothesenteilen, eventuellen Voroperationen an Hüfte oder Knie und routinemäßig erfassten Daten, die im Rahmen der Abrechnung mit der Krankenkasse benötigt werden, pseudonymisiert (im Rahmen einer Buchstaben- und Zahlenkombination) erfasst. Die Abrechnungsdaten werden nur von Mitgliedern von Krankenkassen übertragen, die das Register unterstützen (zur Zeit Allgemeine Ortskrankenkassen und alle Ersatzkassen). Dies dient dazu, dass bei Auffälligkeiten oder Prothesenrückrufen die Patienten ausfindig gemacht werden können. Mit der Pseudonymisierung hat das Prothesenregister eine Vertrauensstelle beauftragt, an die das Krankenhaus die Daten übermittelt. Die Registerstelle alleine kann jedoch keinen Bezug zu der Person und der implantierten Prothese herstellen. Alle Patienten können am Endoprothesenregister teilnehmen und bestimmen per Einwilligung, ob sie gleichzeitig Versichertennummer und Geburtsdatum an die Vertrauensstelle übertragen lassen, um im Falle von Implantatauffälligkeiten zeitnah informiert zu werden. Ohne die Übermittlung von Versichertennummer und Geburtsdatum werden nur das Einbaudatum, die Implanate und das Krankenhaus gespeichert. Damit allein kann das Endoprothesenregister die Haltbarkeit der in Deutschland eingebauten Prothesen berechnen und wird sie regelmäßig veröffentlichen. Mit der Teilnahme am Endoprothesenregister setzt die Sie operierende Klinik ein Zeichen für das langfristige Interesse an einer qualitativ hochwertigen Versorgung. Auch wenn Sie nicht wissen, ob Sie direkt davon profitieren werden, helfen Sie mit der Weitergabe Ihrer Daten Erkenntnisse zu sammeln, die spätestens der nächsten Generation zugutekommen werden. Eine Teilnahme ist uneingeschränkt zu empfehlen.

Thomas Wallny ist Orthopäde und Chefarzt des Orthopädisch-Traumatologischen Zentrums am St. Bernhard-Hospital in Kamp-Lintfort

(RP)
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