Irrtümern aus der Pflanzen- und Tierwelt Eichen weichen, Buchen suchen? Populäre Irrtümer

Stuttgart (rpo). Jeder kennt den Spruch bei einem aufziehenden Gewitter: Eichen sollst du weichen, Buchen sollst du suchen. An dem Spruch ist nicht so wirklich viel dran. Populäre Irrtümer über die Tier- und Pflanzenwelt gibt es jedoch reichlich.

"Doch an dem Reim mit den Eichen ist nichts dran: Dem Blitz ist die Botanik egal", sagt Ulrich Schmid, Biologe und Buchautor.

Entscheidend ist nicht der Baum, sondern sein Standort. Steht er frei oder überragt andere, ist er besonders gefährdet. Dass Eichen dennoch häufiger Blitzschäden aufweisen, liegt an ihrer zerklüfteten oft wassergetränkten Borke. "Beim Einschlag verdampft das Wasser explosionsartig", erläutert Schmid. An der glatten Buchenborke läuft Regenwasser hingegen ab. Effekt: Der Blitz wird in den Boden geleitet. Der Baum bleibt von sichtbaren Schäden verschont.

Weisheiten und ungenaue Beobachtungen

Populäre Irrtümer über die Tier- und Pflanzenwelt gibt es reichlich. Viele beruhen wie die Eichenweisheit auf ungenauen Beobachtungen. Aber auch irreführende Namen (Seelilien etwa sind keine Pflanzen, sondern Tiere, die optisch an Lilien erinnern) oder vorschnelle Verallgemeinerungen sind ein willkommener Nährboden für Ammenmärchen, wie Schmid berichtet.

Nur wenige der falschen Weisheiten haben ähnlich fatale Folgen wie der Gewitterspruch. Im Gegenteil: "Viele gebieten eher größere Vorsicht, als nötig", sagt Schmid. So etwa die Mär von den sauerstofffressenden Blumen, die mit Blick auf das Wohlbefinden von Kranken gerne die Runde macht. Nachts müssen Blumensträuße raus aus dem Krankenzimmer lautet die Botschaft. Tatsächlich verbrauchen Pflanzen bei Dunkelheit Sauerstoff. Allerdings ist die Menge so gering, dass die Luft deshalb nicht knapp wird. "Die Pflanzen werden vielmehr mit Blick auf die Hygiene aus bestimmten Krankenzimmern verbannt", sagt Schmid.

Populäre Irrtürmer in der Zoologie

Vor allem in der Zoologie sind populäre Irrtümer verbreitet: "Vielleicht, weil es dort besonders viele Ausnahmen von der Regel gibt", schätzt der Biologe. So haben Hummeln durchaus einen Stachel. Allerdings sind es nur die Weibchen, und die sind gutmütig veranlagt: Sie stechen meist nur im äußersten Notfall. Der beim Gärtner unbeliebte Maulwurf wird oft gleich mehrfach Opfer falscher Annahmen. So ist er weder blind, noch knabbert er an Wurzeln. "Maulwürfe haben winzige Knopfaugen, mit denen sie zumindest hell und dunkel unterscheiden. Zudem sind sie Fleischfresser", sagt Schmid. Beim Buddeln ihrer Gänge mögen sie jedoch manche Wurzel in Mitleidenschaft ziehen.

Zu den feinen Nuancen, die dem Fachmann verraten, dass er mit einem Laien spricht, zählt auch die Geschichte vom wurmstichigen Apfel. "Echte Würmer, findet man höchstens in Äpfeln, die faulig am Boden liegen", sagt Schmid. Ein im Volksmund wurmstichig genannter Apfel beherbergt vielmehr meist die Insektenlarve eines kleinen Schmetterlings (Apfelwickler). Gleiches gilt für Pflaumen: Dort legen mit Vorliebe Pflaumenwickler ihre Eier ab, aus denen dann Raupen schlüpfen. Als hämischen Fingerzeig des Experten will Schmid das Wissen um die populären Irrtümer jedoch nicht verstanden wissen: "Die netten Geschichten sollen vielmehr den Laien dazu bewegen, ab und an genauer hinzusehen."

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