Interview "Die Jugend tut sich schwer mit der Institution Kirche"

Regensburg · Osnabrücks Bischof Franz-Josef Bode hofft, dass sich der offene Geist des neuen Papstes Franziskus auch auf den 99. Katholikentag in Regensburg übertragen wird.

Beim 99. Katholikentag, der heute beginnt, sind über 1000 Veranstaltungen geplant. Als Gäste werden unter anderem Bundespräsident Gauck und Bundeskanzlerin Merkel erwartete. Bischof Franz-Josef Bode war 14 Jahre Vorsitzender der Jugendkommission der Deutschen Bischofskonferenz und feierte beim Weltjugendtag in Köln einen Eröffnungsgottesdienst.

Das ist der erste Katholikentag unter Papst Franziskus. Wird das spürbar?

Bode Dadurch, dass der Papst eine offene, konkrete und ermutigende Sprache hat, gehe ich davon aus, dass sich dieser Geist auch auf den gesamten Katholikentag auswirkt.

Wie kommt der neue Papst bei der katholischen Jugend an?

Bode Ungeachtet des neuen Papstes tun sich viele junge Menschen mit der Kirche schwer. Aber dass jemand an ihrer Spitze die Menschen anders und unmittelbar anspricht und Zeichen setzt, ist eine Ermutigung, die Junge aufhorchen lässt.

Was könnte sich an der Institution Kirche ändern? Fehlt es ihr an Mut?

Bode Wir sind in Deutschland ja in Dialogprozessen, auch wenn nicht immer alles gelingt. Aber solche Bewegungen verstärkt der Papst. Eine Versuchung der Kirche ist es oft, dass sie sich zu sehr um sich selbst dreht. Eine Institution muss immer nur die Gestalt sein, in der das Leben stattfindet und die dem Leben dient.

Der Dialogprozess aber hat Grenzen. Die kritische Kirchenvolksbewegung "Wir sind Kirche" findet im Katholikentag offiziell nicht statt.

Bode Die Fragen der Kirchenvolksbewegung sind oft einseitig. Und die Inhalte kommen auf vielen Podien des Katholikentages auch zur Sprache - aber differenzierter.

Ist er eine Art Synode für Laien?

Bode Sie sind große Christentreffen. Im Katholikentag steckt die Chance zum Dialog vor dem Hintergrund einer gemeinsamen religiösen Erfahrung. Dazu gehört auch das Erlebnis, dass wir nicht die Letzten vor Ort sind, sondern eine große Schar, die gemeinsam ein Zeichen setzt.

Gerade unter den deutschen Bischöfen gab es zuletzt immer Kritiker der Katholikentage, die dann auch nicht der Einladung gefolgt sind.

Bode Es gibt im Randbereich der Katholikentage immer Dinge, die schwierig sein können. Dann schaut man allerdings zu sehr auf die Fransen und sieht dabei den großen, bunt gewebten Teppich nicht mehr.

Die Katholikentage in Deutschland sind ein wenig älter als die Bischofskonferenz. Sagt das auch etwas über den starken Laienkatholizismus in Deutschland aus?

Bode Das glaube ich schon. Dieser im 19. Jahrhundert entstandene Laienkatholizismus hat eine wichtige Brückenfunktion in die Gesellschaft hinein, während die Bischofskonferenz damals mehr ein Austausch der Bischöfe untereinander war. Es ist bezeichnend für die katholische Kirche in Deutschland, dass die Bewegung der Katholikentage erst einmal vom Volk Gottes ausgegangen ist.

Es bleiben als Arbeitsaufgaben auch einige populäre Reizthemen - wie die Priesterweihe für Frauen und der Zölibat oder die Wahl eines Bischofs vom Kirchenvolk. Wann werden solche Themen ernsthaft angepackt?

Bode Mit gefällt das Wort Reizthema nicht. Damit kann man schnell etwas abbügeln. Auf der anderen Seite müssen wir Geduld haben und fragen, welche Sehnsucht hinter vielen Fragen steckt, um Glauben mit Leben stärker zu verbinden. Die guten Gespräche darüber sind es, die den Grundwasserspiegel des Miteinanders fördern, auch wenn nicht alle Fragen in absehbarer Zeit zu lösen sein werden.

Was werden die großen Probleme der katholischen Kirche konkret in Deutschland sein?

Bode Meines Erachtens ist das die Glaubenskommunikation, das heißt: wie Glauben an die nächste Generation weitergegeben wird.

Wie aber soll eine Glaubenskommunikation funktionieren, wenn es eklatant an Seelsorgern fehlt?

Bode Die Entwicklung bei der Zahl der Priester wird in absehbarer Zukunft noch dramatischer. Die Frage ist doch, ob die Glaubenskommunikatoren immer Priester sein müssen. Wir müssen uns der Herausforderung stellen, dass wir alle Kommunikatoren des Glaubens sind - wir alle sind zur Evangelisierung aufgerufen.

(RP)
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