Düsseldorf Deutschlands wärmstes Jahr seit 1881

Düsseldorf · Die Häufung extremer Wetterereignisse deckt sich mit den Prognosen der Forscher zum Beginn des Klimawandels.

Der vergangene Samstag lieferte einige Rekorde. In Piding im Berchtesgadener Land an der Grenze zu Österreich stieg die Temperatur auf frühlingshafte 20,5 Grad. Nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) war es in Deutschland seit Beginn der Messungen nie zuvor an einem Januartag so warm. Die alte Höchstmarke für diesen Monat mit 19,5 Grad aus dem Jahr 2007 überdauerte nur acht Jahre. Die ungewöhnliche Warmluft sei durch die Ausläufer des Orkantiefs aus Südwesteuropa nach Bayern geführt worden, so der DWD. An mehreren Stellen im Süden Deutschlands bis hin zum saarländischen Mosel-Städtchen Nennig wurde von Freitag auf Samstag die wärmste Nacht seit Beginn der Wetteraufzeichnungen gemessen.

Der Januar fängt damit so an, wie sich 2014 das ganze Jahr gebärdete. Die Statistiker des DWD bewerten das vergangene Jahr als "erheblich zu warm". Die Durchschnittstemperatur in Deutschland lag mit 10,3 Grad Celsius deutlich über den Temperaturen der bisherigen Rekordjahre 2000 (9,9 Grad) und 2007. In städtischen Regionen wie Hamburg, Berlin und NRW war es sogar noch 0,7 Grad wärmer. Im Vergleich zur international gültigen Referenzperiode 1961 bis 1990 wurden in Deutschland 2,1 Grad mehr gemessen. Seit dem Beginn regelmäßiger Temperaturmessungen im Jahr 1881 erlebte Deutschland das bisher wärmste Jahr. Das mag erstaunen, denn nach dem Hitzerekord Anfang Juni war der Sommermonat August kühler als im Durchschnitt. Dafür lagen die Temperaturen von September bis Dezember oberhalb des langjährigen Mittelwerts.

Auffällig seien die zahlreichen schweren Gewitter gewesen, die häufig heftige Starkniederschläge und Stürme brachten. Im Sommer verzeichneten die Wetterbeobachter über drei Wochen lang fast täglich Meldungen von ungewöhnlichen Regenmengen. Am 28. Juli fielen in Münster 272 Liter Regen pro Quadratmeter in sieben Stunden. Bad Schwalbach im Taunus und Düsseldorf wurden von mächtigen Gewitterstürmen getroffen.

Der DWD stellt keinen ausdrücklichen Zusammenhang her. Aber die Häufung solcher extremen Ereignisse deckt sich mit den Prognosen der Klimaforscher über den beginnenden Klimawandel, der in den einzelnen Regionen unterschiedlich ausfallen wird. Aber es ist ein Trugschluss zu glauben, dass die steigende Temperatur der Erdatmosphäre bei uns in schöneren Sommern münden wird. Während in Südeuropa im Sommer vermehrt lang anhaltende Hitzeperioden erwartet werden, wird im Rheinland der Winter häufiger ausbleiben, und stabile Wetterlagen werden seltener.

Die deutschen Messwerte decken sich mit vielen Beobachtungen von Messstationen weltweit. Auf der britischen Insel war 2014 sogar das wärmste Jahr seit 1659 und löste den bisherigen Rekordhalter 2006 ab. In der vergangenen Woche gaben Statistiker in Japan bekannt, dass 2014 das wärmste Jahr seit 1891 gewesen sei. Am Freitag wird der Dachverband der US-Meteorologen vermutlich das gleiche Ergebnis für die USA verkünden.

Die Wetterbehörde der Vereinten Nationen hatte während der UN-Klimakonferenz in Lima bereits mitgeteilt, dass 2014 rekordverdächtig sei. Australien verzeichnete das drittwärmste Jahr seit 1910, im Schnitt zwar etwas kälter als 2013 und 2005, aber dafür mit sechs großen Hitzewellen in verschiedenen Teilen des Landes. Selbst die wenigen Forscher, die am Klimawandel zweifeln, bestätigen die hohen Temperaturen. Satellitenmessungen der Erdatmosphäre setzen 2014 im Temperatur-Ranking auf den dritten Rang nach 1998 und 2010.

Die Wissenschaftszeitung "Nature" macht in ihrer aktuellen Ausgabe auf ein besonderes Phämomen aufmerksam. Die drei bisher wärmsten Jahre 2010, 2005 und 1998 wurden alle durch das El-Nino-Phänomen unterstützt. Damit sind natürliche Veränderungen im Strömungsverhalten des Pazifischen Ozeans gemeint, die in unregelmäßigen Abständen auftreten. Dadurch erwärmt sich das Meerwasser vor der südamerikanischen Küste, was für ein paar Zehntel Grad höhere Temperaturen sorgt. 2014 ist nun aber das erste Rekordjahr, in dem es keinen El Nino gab. Der Klimatologe Michael Oppenheimer von der Princeton University bewertet dieses Ergebnis als weiteres Indiz für die rasche Erwärmung der Erdatmosphäre durch die Kohlendioxid-Emissionen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort