Schwund konnte vielerorts gestoppt werden Der Waldbestand erholt sich

Düsseldorf (RP). Viele Industrie-Länder konnten den Schwund des Waldes stoppen. Besorgt beobachten Forscher hingegen die Entwicklung in ärmeren Ländern: In den Tropen etwa verschwinden jeden Tag gewaltige Waldflächen.

 Nur wohlhabende Länder können Waldflächen erhalten.

Nur wohlhabende Länder können Waldflächen erhalten.

Foto: ddp

Die Botschaft klingt gut: In etlichen Ländern der Erde gebe es wieder mehr und dichteren Wald - so lautet das Fazit einer Studie, über die ein Wissenschaftler-Team kürzlich im angesehenen US-Wissenschaftsmagazin PNAS berichtet hat. In Staaten mit einem jährlichen Bruttoinlandsprodukt von wenigstens 4600 US-Dollar pro Kopf (rund 3670 Euro) sei der Nutzholz-Vorrat in Wäldern zwischen 1990 und 2005 gleichgeblieben oder habe zugenommen. Ein Stopp des klimaschädlichen Waldschwunds scheint Hand in Hand zu gehen mit bescheidenem Wohlstand.

Bei ihren Berechnungen anhand von Daten der Welternährungsorganisation (FAO) haben die Forscher nicht nur die Zu- oder Abnahme der Waldfläche berücksichtigt. Sie bezogen auch die Dichte des Baumbestandes und dessen Biomasse ein, zudem die Menge an Kohlendioxid, das Wälder in Holz und Blattwerk speichern und so dem irdischen Treibhaus entziehen. So ließ sich feststellen, dass die Menge an Biomasse in den vergangenen 15 Jahren etwa in der Hälfte der 50 waldreichsten Länder der Welt zugenommen hat. In 22 dieser Länder sei auch die Waldfläche größer geworden.

"In China wächst die Waldfläche"

Hoffnung spendet auch die Tendenz in den zwei bevölkerungsreichsten Staaten: "In China wächst die Waldfläche, und die Waldbiomasse nimmt zu, und auch in Indien ist eine Balance erreicht worden", berichtet der Leiter der Studie, Pekka Kauppi, Professor für Umweltwissenschaften und -politik an der Universität Helsinki.

Insgesamt zeigen sich die Wissenschaftler zuversichtlich, dass auch in ärmeren Ländern, wo jeden Tag viel Wald in Kochfeuern verheizt oder zum Vergrößern der Ackerfläche gerodet wird, der Waldschwund "irgendwann zu Ende ist". Ob die globale Trendweite innerhalb der nächsten drei Jahrzehnte gelingt, hänge "weitgehend von Brasilien und Indonesien ab, wo gegenwärtig noch gewaltige Flächen von Tropenwald verschwinden". Nicht zuletzt für Weiden, auf denen die künftigen Rinder-Steaks für reiche Länder heranwachsen.

Wie entscheidend politischer Wille und Durchsetzungsmacht sind, zeigt das Beispiel China, wo die Wälder nach 1949 vielerorts schrumpften: Dort konnte die Waldfläche durch umfangreiche Aufforstungsprojekte wieder zulegen, obwohl das Bruttosozialprodukt pro Kopf die offenbar kritische Schwelle von 4600 Dollar noch nicht erreicht hat. Betrug die chinesische Waldfläche Ende der 70er Jahre noch rund 960.000 Quadratkilometer, so umfasst sie inzwischen wieder 1,43 Millionen.

Was ist von der Studire zu halten?

Unter Waldzuwachs im Sinne der Studie darf man sich jedoch nicht vorstellen, dass in jedem Falle neue, altersgestufte Mischwälder sprießen - oft geht es um Plantagen. "In unserer Studie zählen alle Wälder gleich", räumt Pekka Kauppi ein.

Was ist nun von der Wald-Studie zu halten? Nach Ansicht von Professor Jürgen Bauhus vom Waldbau-Institut der Universität Freiburg berücksichtige sie "nur einige ganz wenige Indikatoren" der globalen Waldentwicklung und vermittele somit "ein eher eindimensionales Bild". Für Bauhus zeigten ihre Ergebnisse immerhin, "dass es in vielen Ländern aufwärts geht mit dem Wald" - zumindest bezogen auf die untersuchten Kriterien. Er sei nur "sehr skeptisch", ob man aus der Entwicklung in den Industrieländern auf einen künftigen Verlauf des Waldbestandes in den Tropen und Subtropen schließen dürfe. "Das lässt sich nicht einfach so übertragen", sagt Bauhus.

Denn die Waldvermehrung in den Industrieländern wäre nicht möglich gewesen, wenn deren Holzbedarf nicht zum Teil aus Importen gedeckt worden wäre, sagt Bauhus. Japan zum Beispiel schone seine eigenen Wälder und bediene sich dafür seit Jahren in Südostasien - wo viele Wälder nicht nachhaltig bewirtschaftet würden.

Und: Es gibt gewichtige ökologische Unterschiede zwischen Mitteleuropa oder Nordamerika einerseits und den Tropen auf der anderen Seite. "Unsere Wälder sind vergleichsweise artenarme Ökosysteme, stehen aber auf sehr guten Böden, die sich nach dem Rückzug der jüngsten Vereisung vor etwa 10.000 Jahren großenteils erneuern konnten", berichtet Bauhus. Deutschlands Böden zum Beispiel seien von Natur aus "viel produktiver" als jene der Tropen, wo die Bäume quasi von der Hand in den Mund leben, weil relativ wenig Nährstoffe im Boden gespeichert sind.

Von daher sei "stark zu bezweifeln, ob sich in den Tropen auf gerodeten Flächen Wälder annähernd je wieder entwickeln können". Schon gar so artenreiche wie heute.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort