Vatertag Der misslungene Probetag im privaten Kindergarten

Einen Platz im Kindergarten zu bekommen, ist nicht leicht. Aber man muss genau prüfen, welche Einrichtung passt.

Vatertag: Der misslungene Probetag im privaten Kindergarten
Foto: Phil Ninh

Wir hatten Aussicht auf einen Platz im Privatkindergarten. Bedingung: erstmal kennenlernen, einmal pro Woche treffen, drei Monate lang. Und 90 Euro bezahlen, für "Materialien" - abzugeben beim ersten Treffen. Wir sagten zu, als die Kindergärtnerin uns am Telefon diese Konditionen nannte. Es ist nicht leicht, einen Platz zu bekommen. Und Bekannte berichteten, dieser Kindergarten habe wirkungsvolle Regeln.

Ich ging mit David zum ersten Treffen, es fand zur Rush Hour statt, viel Verkehr, wir kamen fünf Minuten zu spät. Ich öffnete die Tür zum Spielraum: "Zieht euch die Schuhe aus und kommt rein", hieß es. Die Kindergärtnerin, vier Mütter und deren Kinder hatten einen Kreis aus kleinen Bänken gebildet, darauf saßen sie bei Kerzenschein.

Ich hockte mich mit David dazu, ich in Ringelsocken, er mit Hüttenschuhen. Da begann die Kindergärtnerin zu singen, sie sang uns an, sie schimpfte singend mit uns: "Nein, nein, nein!". Sie sang: "Zurück, zurück, zurück!". Ich fragte: Wieso? Und sie: "Weil ihr durch den Eingang in den Kreis treten müsst." Ich sah, dass der Bänke-Kreis nicht geschlossen war, also standen wir auf, gingen zurück und durch die Öffnung wieder hinein.

Die Kindergärtnerin sagte, dass der Tag nun verdorben sei, wir hätten schlechte Stimmung in die Runde gebracht. David fragte, ob er mit Autos spielen dürfe, er durfte aber nicht, und ich streichelte seinen Kopf. "Wenn ihr was von draußen mitbringt, dann nur Bio-Lebensmittel", sagte die Kindergärtnerin. Ich nickte. Eine Mutter wollte wissen, ob sie selbst gebackenes Brot mitbringen dürfe. "Nur wenn es nach den Bio-Richtlinien gebacken wurde", antwortete die Kindergärtnerin. Wir nickten.

Die Kindergärtnerin sagte, jeder müsse in den nächsten Wochen eine Leistung für die Gruppe erbringen, eine Puppe nähen zum Beispiel, genauer: "ein Wurzelfräulein". Und weil ich der einzige Mann in der Runde sei, sollte ich einen Scheffel aus einem Holzscheit treiben, den bräuchten die Kinder für den Kaufmannsladen. Ich sagte: "Klar, einen Scheffel treiben, tolle Idee!" Die Stimmung stieg wieder. Leider hatte ich als einziger die 90 Euro nicht dabei. "Ach, Philipp", seufzte die Kindergärtnerin. Ich kannte sie seit zehn Minuten, sie war jünger als ich.

Wir sollten uns nun alle bei den Händen fassen und im Kreis tanzen. David sagte, er wolle lieber spielen, aber die Kindergärtnerin sagte, das gehe nicht. Sie sang: "Sonst musst du unser Schlusslicht sein." David begann zu weinen, obwohl er gar nicht wusste, was ein Schlusslicht ist. Hand in Hand zogen die anderen zum Händewaschen.

Es sollte dann Brot und Salz gegessen werden, aber bevor ich David an den Tisch zwingen musste, nahm mich die Kindergärtnerin beiseite. "Ich fürchte, es ist besser, wenn ihr uns für heute verlasst", sagte sie. Ich nickte. Draußen hörte David auf zu weinen. Ich fragte: "Fandest du das gut da?" Er sagte: "Nur die Kinder." Ich: "Und was fandst du blöd?" Er: "Das Singen." Im Kiosk kauften wir eine Fanta. Am nächsten Tag sagte ich dem Kindergarten ab.

(RP)
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