Der Glaube in junger Sprache

Deutschlandpremiere in Mainz: Gestern präsentierte Karl Kardinal Lehmann den neuen Jugendkatechismus – Youcat: eine Glaubensunterweisung der katholischen Kirche in der Sprache junger Menschen. Das Werk könnte zum Standardwerk werden.

Mainz Da muss man sich nichts vormachen: Katechismus hat heute keinen sonderlich guten Klang. Das Wort steht für jene zumeist gelehrte Ansammlungen von oft unverständlichen Glaubenssätzen, die meist zur "reinen Reproduktion den Menschen eingebläut wurden". Das sagt Karl Kardinal Lehmann, der nicht gerade im Verdacht steht, der Notwendigkeit von Katechese zu Beginn des 21. Jahrhunderts den Kampf anzusagen.

Der Bischof von Mainz hat sehr wohl erkannt, dass nicht jede gut gemeinte Unterweisung in zentralen Glaubensfragen zugleich eine gelungene sein muss. Auch darum unterstützte er dieses Projekt mit dem gewöhnungsbedürftigen Namen bereits zu einer Zeit, als es noch leicht war, dagegen zu sein: "Youcat", der neue Jugendkatechismus, der jetzt in Deutschland erschienen ist. Dass dieses grellgelbe Büchlein nicht nur das derzeit weltweit größte christliche Buchprojekt ist, sondern auch das erfolgreichste sein wird, dafür dürfte der bevorstehende Weltjugendtag in Madrid sorgen: 700 000 kostenlose Exemplare werden dort in verschiedenen Sprachen "ausgegeben".

Das hört sich viel selbstverständlicher an, als es das Projekt tatsächlich ist – das in zwei Jugendcamps entstand, von Theologen begleitet und von einigen Bischöfen wie Lehmann und Schönborn aus Wien wie Papst Benedikt XVI. maßgeblich unterstützt wurde. Und dass diese neue und junge Form der Katechese in unverstellter Sprache überhaupt den Segen der Glaubenskongregation finden konnte, veranlasst noch heute manchen Würdenträger zur Verwunderung. Schließlich ist im Katechismus nicht weniger versammelt als das "Gedächtnis des Glaubens", so Lehmann. Ein deutscher Bischof soll den Initiatoren gesagt haben, dass Youcat in der katholischen Kirche so überraschend gelandet sei wie damals Mathias Rust mit seinem kleinen Flugzeug auf dem Roten Platz von Moskau. Youcat ist also eine kleine Sensation, die der katholischen Kirche einen neuen Weg der Verkündigung aufzeigt.

Schließlich soll es im Frage-Antwort-Spiel auch im Youcat um nichts anderes gehen als in jedem bisherigen Katechismus auch: um das Ganze des katholischen Glaubens, doch nur in den Worten von Jugendlichen. Und das ist eine so einfache und in diesem Sinne so glaubwürdige Sprache, dass gestern bei der Deutschland-Präsentation von Youcat in Mainz hinter noch vorgehaltener Hand schon der Verdacht geäußert wurde, Youcat werde ein probates Instrument der Neuevangelisierung und letztlich zum eigentlichen Katechismus aller Gläubigen.

Youcat entspricht offenkundig jenem Bedürfnis nach Verständlichkeit, das schon vor einigen Jahren eine Gläubige bei der Vorstellung des Kompendiums zum Weltkatechismus einforderte. Was, so fragte sie, solle sie mit dieser Frage bloß anfangen: "Warum ist Maria die eschatologische Ikone der Kirche?" Im Youcat wird jetzt nur gefragt, warum Maria ein Vorbild ist. Die schlichte Antwort: "Maria ist die Mutter Gottes. Sie war auf Erden wie kein anderer Mensch mit Jesus verbunden – eine Nähe, die auch im Himmel nicht aufhört. Maria ist die Königin des Himmels und uns in ihrer Mütterlichkeit ganz nah."

Verständlicher Glaube – ein Anspruch der Menschen, dem die Kirche vielleicht nicht immer gerecht geworden ist. "Die Kirche will aber, dass ich es verstehe", sagte gestern Maria Heeremann (22) aus Meerbusch, die in den Camps am Katechismus mitgearbeitet hat. Dogmatisch ist für sie die Unterweisung nicht. "Die Entscheidung zu glauben wird mir nicht abgenommen."

Es ist also ein echtes Glaubensbuch geworden, das sich trotz frischer Aufmachung mit den vielen Fotos und Cartoons durchaus widerständig erweist. Weil es in erster Linie ein Konsenswerk ist, findet sich darin nichts Revolutionäres, weder zur Sexualmoral noch zum Zölibat oder zum Priesteramt für Frauen.

Wie aber auch Überliefertes und vermeintlich Altes aktuell sein kann, beweist Youcat ebenso – etwa in der Frage zum gerechten Krieg. Danach ist der Einsatz militärischer Gewalt nur bei folgenden Kriterien möglich: "1. die Bevollmächtigung durch die zuständige Autorität; 2. ein gerechter Grund; 3. eine gerechte Absicht; 4. ein Krieg muss die letzte Möglichkeit sein; 5. die angewandten Mittel müssen verhältnismäßig sein; 6. es muss Aussicht auf Erfolg bestehen."

(RP)
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