Ursachen sind Klimaerwärmung und Schadstoffeinleitung Das Mittelmeer ist zu warm

Rom (rpo). Nicht nur langanhaltend hohe Temperaturen sorgen im Moment dafür, dass das Mittelmeer schwitzt. Forscher haben festgestellt, dass das Wasser viel zu warm ist.

Mittlerweile werden Temperaturen von bis zu 28 Grad im Mittelmeer gemessen. "Das sind mindestens vier Grad zu viel", erklärt Franco Andaloro vom italienischen Institut für Meeresforschung INCRAM. "Diese Aufwärmung verdankt das Mittelmeer der allgemeinen Klimaveränderung der Erde. Aber auch die vielen Abfälle, die tagtäglich in das Meer ausgeschüttet werden, tun ihren Teil dazu."

Der Mensch belastet mit zahlreichen Schadstoffen das Meerwasser. Durch die vielen organischen Ausscheidungen kommt es zum vermehrten Algenwuchs, die wiederum das Leben im Meer im Keim ersticken. Das komplette Ökosystem droht, durcheinander zu geraten. "Neben der Nahrung, die uns das Meer gibt, spielt es für uns auch eine wichtige Rolle in der Forschung", erklärt Andaloro. "Immerhin hat man erst 1997 entdeckt, dass gewisse Haifischarten eine Komponente im Blut haben, die der Wucherung einiger Tumorarten entgegenwirken." Zudem hat das Meer eine wichtige Funktion, die gerade in den immer wiederkehrenden Hitzewellen eine große Rolle spielt: die Abkühlung. Nicht nur die des Menschen, sondern der ganzen Erdatmosphäre.

Aber im Gegensatz zum Land, wo Hitze und Trockenheit Leben gefährden, wimmelt es im erwärmten Meer nur so von Lebewesen, sagt Andaloro. Durch die Wärme haben viele tropische Fischsorten im Mittelmeer ihr neues zu Hause gefunden. Aber jede noch so schöne Medaille hat ihre Kehrseite.

"In unserem Mittelmeer sind die üblichen Fischarten kaum noch zu finden", sagt Andaloro. "Immer häufiger trifft man auf Spezies, die es eher in den Tropen gibt." Das sei eine Art ökologisches Roulette. Zu den über 500 verschiedenen einheimischen Fischarten im Mittelmeer haben sich in den letzten Jahren über 300 "ausländische" Fische gesellt. Zudem wandern die typischen Mittelmeerfische in den Norden ab. So ist der Schweinsfisch von Sizilien in die Gewässer der Region Apulien abgewandert und gefährdet dort die Miesmuschelzucht.

Robuste Tropenfische

Das Phänomen der "tropicalizzazione" des Mittelmeers ist nicht neu. Bereits 1995 wurde in Palma de Mallorca der erste Seeigel atlantischen Ursprungs gefischt. Eine Wanderung der Fische ist generell nicht unüblich. Bemerkenswert ist, wie schnell diese Verschiebung in den letzten Jahren vonstatten geht. An dieser Beschleunigung sind zum einen die vielen verschiedenen Kanäle Schuld, die von Menschenhand erschaffen wurden, so wie beispielsweise der Suez-Kanal.

Zum anderen spielt auch die allgemeine Globalisierung eine Rolle. "Heutzutage halten sich viele Menschen tropische Fische im Aquarium und werfen sie, wenn sie von deren Anblick genug haben, einfach ins Meer", sagt Andaloro. Einige Fische kommen allerdings aus eigener Kraft aus den Tropen: sie schwimmen im Fahrwasser der Kreuzfahrtschiffe. Generell ist eine Artenvielfalt positiv, allerdings gefährden die neuen Fische die alteingesessenen. "Unsere einheimischen Fische sind gestresst durch die vielen Abfälle und die Fischerei", erklärt Andaloro. "Übrig bleiben nur die ganz jungen, die sich gegen die robusten Tropenfische kaum durchsetzen können." Um die Artenvielfalt im Mittelmeer zu erhalten, müsste man Abfälle und Fischerei vermindern. "Sonst verschwindet bald die Meerbarbe aus den traditionellen italienischen Kochbüchern", sagt Andaloro. "Und es gibt nur noch Fisch aus dem Roten Meer."

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