Kolumne Dozentenleben Walisisch für Anfänger

Im Ausland studieren ist toll. Nur sollte man darauf achten, dass der erreichte Abschluss woanders lesbar und anerkannt ist. Eine kuriose Bewerbung ist mir besonders im Gedächtnis geblieben.

 Karin Wilcke ist Dozentin an der Heine-Uni­versität und  selbstständige  Berufsberaterin.  
  Foto: Bernd Schaller

Karin Wilcke ist Dozentin an der Heine-Uni­versität und selbstständige Berufsberaterin. Foto: Bernd Schaller

Foto: Schaller,Bernd (bs)/Schaller, Bernd (bs)

Ist das hier „Versteckte Kamera“? Ich schaue mich misstrauisch in meinem eigenen Büro um. Die Absolventin, die wegen ihrer Bewerbung zu mir gekommen ist, sieht ganz harmlos aus. Aber sie hat mir gerade ein Masterzeugnis in einer mir unbekannten Sprache vorgelegt. Das sei von der Universität von Wales. Wales? Da gibt es doch diese lustigen Ortsnamen mit den vielen Konsonanten, die außer den Einheimischen niemand aussprechen kann. So etwas wie Llanfairpwllgwyngyllgogerychwyrndrobwllllantysiliogogogoch.

Da hat sie studiert? Nein, an einer hiesigen privaten Hochschule, die mit besagter Uni ein Kooperationsabkommen habe. Dieses Masterstudium habe sie ausgewählt, weil sie sich ohne vorherigen Bachelor-Abschluss habe einschreiben können. Und außerdem sei die monatliche Studiengebühr vergleichsweise niedrig gewesen. Ich versuche, ihr klarzumachen, dass ihre potenziellen Arbeitgeber mindestens so verblüfft reagieren werden wie ich. Wie viel Aussagekraft hat ein Zeugnis, das keiner lesen kann – außer ein paar Walisern? Sie hat eine von der hiesigen Hochschule angefertigte deutsche Übersetzung dabei. Das Einzige, was ich erkennen kann, ist das Datum, und das stimmt bei walisischem Zeugnis und deutscher Ausfertigung nicht überein.

Ich bin immer wieder erschüttert darüber, was sich private Hochschulen in Deutschland alles erlauben können und wie leichtgläubig die Leute sind, die dort studieren. Leider gibt es aber auch in Deutschland staatliche Hochschulen an Orten, an denen Fuchs und Hase sich Gute Nacht sagen, die der Versuchung einer lukrativen Kooperation mit privaten Anbietern nicht widerstehen können. Tourismus-Management ohne NC im strahlenden Sonnenschein von Palma de Mallorca zum Beispiel. Das Studium ist auf Deutsch, versteht sich, man will ja für die zahlungswilligen Kunden keine unnötige Hürde aufbauen. Der freiwillige Spanischkurs vor Ort kostet extra.

Normalerweise muss jeder, der sich um einen Studienplatz im Ausland bewirbt, die Kenntnis der Unterrichts- oder Landessprache auf einem bestimmten Niveau vorher nachweisen. Wird das nicht verlangt oder braucht man keine hier übliche Qualifikation wie Fachhochschulreife, Abitur oder einen Bachelorabschluss, sollten Bewerber misstrauisch werden. Also: Augen auf bei der Studienwahl – oder rechtzeitig Englisch lernen und wirklich in Wales studieren. Der walisische Sprachkurs dort ist dann kostenlos.

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